Heft 
(2021) 111
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108 Fontane Blätter 111 Dossier: Fontanes Der Krieg gegen Frankreich tung(auf Chalons) bis zum 25. August; der Vormarsch der III. und IV. Armee in nördlicher Richtung(auf Sedan) bis zum 30. August Abends; Sedan; Wil­helmshöhe; Straßburg; Toul; Metz; Abschnitte von sehr verschiedener Ausdehnung und, je nach den Gegenständen, großer Mannigfaltigkeit des Tons und der Stimmung, worin die darin gegebenen Bilder des großen Krie­ges gehalten sind. Fontanes Kriegsbuch erhebt nicht den Anspruch als ein rein militairwissenschaftliches in der Art des Großen Generalstabswerks oder anderer Darstellungen besonderer Partien des Feldzuges aus der Feder eingeweihter Offiziere und Fachmänner gelten zu wollen. Aber andererseits rangirt es auch keineswegs unter die»populären« Kriegsgeschichten, wie sie in Massen seit dem Friedensschluß, ja schon während der Dauer des Feldzuges, durch buchhändlerische Spekulation auf vaterländischem Boden ins Leben gerufen sind. Fontane hat sich nicht überstürzt, sondern abge­wartet, bis sich der Pulverdampf gesenkt hatte, der Donner schwieg, und es möglich geworden war, unverwirrt durch die hochgehenden Leidenschaf­ten klar zu sehen, zu prüfen und zu sichten, die wahren Quellen, von den falschen zu unterscheiden und sie, von Trübungen befreit, zu benutzen. Da­bei kommt Fontane seine eigenste Geistesart, sein hoher, durch Liebe oder Haß, Parteistellung, Patriotismus, persönliche Sympathie oder Aversion gleich unbeeinflußter, lauterer Gerechtigkeitssinn, seine freie ruhe Objekti­vität, die Dinge, die Menschen und ihr Thun zu sehen und zu beurtheilen, vortrefflich zu Statten. An Dem, welcher während der Dauer eines so furcht­baren Kampfes darüber schreibt, kann diese schöne Eigenschaft zum Ver­brechen, würde ihm jedenfalls, und mit einiger Berechtigung, von der gro­ßen Masse seiner Compatrioten als ein solches angerechnet werden. Nachdem die sich zerfleischende Wuth der um ihre Existenz ringenden Völ­ker ausgetobt hat, wird dieselbe Eigenschaft zur ersten Pflicht des Ge­schichtsschreibers. Fontane bewahrt sie aber so dem Feinde gegenüber, wie in der Betrachtung und Werthabwägung der Operationen und Einzelthaten der Unsern. Mit solcher Unbefangenheit und Klarheit der Anschauung und Auffassung der wirklichen Thatsachen und ihrer moralischen wie techni­schen, ihrer historisch-politischen wie militairischen Motive ist bei Fonta­ne die Gabe der durchsichtig klaren, prägnanten Darstellung des so Erfaß­ten eng verbunden. Ich habe kaum in einem andern Werk über den Krieg in ähnlichem Maaß die schwierige Kunst bewährt gesehen, mit den knappsten Zügen und ohne jedes Prunken, ohne viele Belastung mit fachwissenschaft­lichen Redensarten, Hilfsausdrücken etc. jedem aufmerkenden Leser ein so vollkommen anschauliches Bild aller großen verwickelten militairischen Aktionen, Märsche, Gefechtsaufstellungen, Veränderungen derselben wäh­rend des Kampfes und durch seinen Gang, Einschließungen, Belagerungs­arbeiten etc. zu geben, wie es hier durch Fontane geschieht. Mit diesen, den eigentlich schildernden Partien der genannten einzelnen Abschnitte voran­geschickten, kurzen, simpeln, nüchtern, überzeugend klaren, ich möchte sa-