Heft 
(2021) 111
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126 Fontane Blätter 111 Dossier: Fontanes Der Krieg gegen Frankreich fallend erscheinen, weil es doch in dem einen Falle die Darstellung eines zeitlich Geschehenden, im andern diejenige eines örtlich Vorhandenen gilt; aber es ist dennoch nicht nur wahr, sondern auch zweckmäßig. Denn die Auffassungsweise Fontanes ist das vollständige Gegentheil der Abstrac­tion; seine Eigenthümlichkeit beruht gerade darauf, daß er niemals nur»das Ding an sich« sieht; vielmehr erblickt er immer das Ding im Strome der Ge­schichte und das Ereigniß stets in seinen Beziehungen zur Oertlichkeit und zur Localhistorie. Das Geschaute und das Geschehende regen in seiner See­le eine Welt von Erinnerungen und Betrachtungen an, »Es ist in seiner Gedankenfabrik Wie mit einem Webermeisterstück, Wo ein Tritt tausend Fäden regt, Ein Schlag tausend Verbindungen schlägt.« Die malerische Kennzeichnung des Locals, das biographische Charakter­bild, der antheilsvolle Reflex der Stimmungen, die historische Reminiscenz das sind die begleitenden Momente der Erzählung Fontanes, und seine Kunst besteht darin, daß dies reiche Material doch immer der Hauptsache untergeordnet bleibt: ein Rahmen schöner Randbezeichnungen, der mit dem Hauptbilde gleichzeitig componirt ist und wesentlich zu dessen Ver­ständniß beiträgt, der es jedoch an keiner Stelle beeinträchtigt und stört. Schon die Rücksicht auf diesen letzteren Punkt verbot wohl eine gleicharti­ge Behandlungsweise für den zweiten Theil des Werkes: Große, einheitli­che, in gewaltigem Monumentalcharakter gehaltene Bilder werden durch leichteres Beiwerk nicht gestört; sie heben sich scharf und klar aus demsel­ben hervor. Unruhige und ungeheure Ereignisse, welche sich wie Nebelbil­der von einem stets bewegten Hintergrunde lösen, um wieder in ihn zu verfließen, würden unverständlich werden, wenn sie nicht so fest und schlicht als möglich eingerahmt würden. Und so ist der vermeintliche Com­positionsfehler vielleicht ein Compositionsvorzug. Theodor Fontane hat uns früher den Krieg um Schleswig-Holstein und den von 1866 geschildert, und diese Werke sind von Ludwig Burgers Meister­hand illustrirt worden. Eine derartige Zugabe fehlt diesmal. Die in den Text gedruckten Holzschnitte verfolgen vielmehr einen ganz andern Zweck: sie veranschaulichen strategische und taktische Combinationen und Situatio­nen. Und diesen Zweck erreichen sie vollkommen; denn sie sind gut entwor­fen und technisch vortrefflich ausgeführt. Der Bericht selbst aber, den sie unterstützen, ist so deutlich und bei aller sachgemäßen Vollständigkeit so knapp gehalten, daß auch die rein militärischen Abschnitte durchaus klar werden und eindringlich wirken. Das ist eine bedeutende und erfreuliche Leistung, und zwar eine solche, die nicht lediglich der sorgfältigen Arbeit, sondern gutentheils einer persönlichen Begabung, nämlich der poetischen und zugleich deutschen Natur Fontanes entspringt. Dies will sagen, daß man ohne Einbildungskraft überhaupt kein Gefecht anschaulich schildern kann,