Heft 
(2021) 111
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Fontanes Kriegsbücher  Parr 149 ven Besprechungen sowohl Fontanes Projekt der Zusammenführung ver­schiedener Textsorten und Schreibweisen als auch das oben rekonstruierte Publikumsprojekt stützen. So nutzt die zeitgenössische Kritik das, was die spätere Forschung eher als Kompilation aus den verschiedensten Quellen beschrieben hat, vielfach, um für Fontanes Darstellung des Deutsch-Französischen Krieges eine im Feld der Kriegsbücher bis dato noch nicht eingenommene Position zu rekla­mieren. Über den ersten Band heißt es 1873 in Streffleur´s österreichische militärische Zeitschrift: Die in pragmatischer Form gegebenen Aufzeichnungen übertreffen Al­les, was bisher von officiöser und nicht officiöser Seite veröffentlicht wurde, an Inhalt und Diction. Dabei kommt dem Verfasser die rück­sichtslose Liebe zur historischen Wahrheit, die scharfe Logik, die militä­rische Durchbildung des Geistes, die Kenntniss der Strategie und Taktik sehr zu Statten. Er lässt, unbekümmert um das Urtheil der Partei, Jedem sein Verdienst, er lässt Freund und Feind die vollkommenste Anerken­nung widerfahren. Kürzer ge­fasst, klarer und anschaulicher kann eine populäre Feldzugsgeschichte nicht geschrieben werden. Alle Resultate der Geistesarbeit anderer Geschichtschreiber wusste der hochbegabte und routinirte Schriftsteller in unvergleichlicher Weise zusammenzu­fassen, zu ordnen, fortzuführen, so dass sein Werk ein wahrer Codex der Berichte, Correspondenzen und amtlicher Publicationen über die letzten Kriegsereignisse ist. 35 ›Pragmatisch‹, ›populär‹, ›zusammengefasst‹, ›geordnet‹ sind hier die Schlüsselwörter für eine positive Beurteilung; ergänzt durch ›Lesbarkeit‹, ›Anschaulichkeit‹, ›Unterhaltsamkeit‹ und all dies zusammenfassend ›po­etischen Gehalt‹, was insgesamt zur Genrebestimmung»populäre Feldzugs­geschichte« führt. Das Magazin für die Literatur des Auslandes greift für die Verortung von Fontanes Kriegsbuch in die eine Richtung auf die Gegenüberstellung mit dem ›Generalstabswerk‹ zurück: Neben dem großen Generalstabswerk wird sich kaum, was die Anschau­lichkeit der Vorbereitung, der Disposition und der kriegerischen Haupt­schläge betrifft, irgend eine andere Darstellung halten können. Was aber diesem Werke fehlt, Ruhepunkte zu landschaftlicher Schilderung, histo­rischer Ergehung, die Behandlung von Nebenpunkten mit besonderer Vorliebe, weil irgend eine Aktion sich dramatisch zuspitzt, das bietet Fontane im reichen Maße. 36 Geradezu arbeitsteilig übernehmen die Königsberger Wissenschaftliche[n] Monats-Blätter eine Abgrenzung in die andere Richtung, nämlich gegen »das ›Tagebuch‹ von Hirth und von Gosen«, das»bei seiner breiten Anlage, unbeschadet seiner sonstigen Vorzüge, doch eine gar schwere Lectüre ist«, der gegenüber man»an Fontanes Hand leicht und klar die welterschüt-