Heft 
(2021) 111
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150 Fontane Blätter 111 Dossier: Fontanes Der Krieg gegen Frankreich ternden Ereignisse verfolgen« könne. 37 Solche Abgrenzung zu zwei Seiten im Feld der»militair-belletristischen Literatur« sind in den Besprechungen nahezu durchgängig anzutreffen, wobei vielfach gerade auf die Abgren­zung zu den offiziellen militär-wissenschaftlichen Schriften Wert gelegt wird: In der reichhaltigen militair-belletristischen Literatur nehmen Fontanes Werke eine der ersten Stellen ein. Bei eingehender Sachkenntniß halten sie in fesselnder, lebendiger Darstellung die Grenze ein, welche militair­wissenschaftliche Schriften von solchen scheidet, die, für das größere Publikum geschrieben, zugleich unterhalten und belehren sollen. 38 Auch in der Spenerschen Zeitung wird ein Feld der Kriegspublizistik ent­worfen, und zwar in einem ersten Schritt dadurch, dass(1) das ›General­stabswerk‹,(2) Hirths Quellen-Tagebuch und(3) der erste Band von Fonta­nes Krieg gegen Frankreich mit Blick auf die jeweiligen Rezipienten einander mehr entgegen- als gegenübergestellt werden: Das Buch unter 1 ist für die Männer von Fach, das unter 3 für die ganze gebildete Welt, und das unter 2 weder für jene noch für diese. Letzteres ist ein hartes Urtheil und es thut uns aufrichtig leid, es aussprechen zu müssen. Aber es ist wahr. Ebenso wie hinsichtlich der Werke, wird in derselben Besprechung auch für Fontane als Person und seine Fähigkeiten als Schriftsteller auf die mit dem 1870/71er Kriegsbuch vorgelegte Integrationsleistung hin abgehoben: [] Fontane ist Dichter, epischer und idyllischer Dichter zugleich. Aber Dichter mit Einschränkung. Nämlich Dichter genug, um die mit Sorgfalt gesammelten und mit Kritik gesichteten Stoffe plastisch und anschaulich zu gestalten. Aber nicht auch soweit Dichter, daß er seiner Phantasie die Zügel schießen ließe und uns über die Wirklichkeit und Wahrheit hin­ausführte. Gegenüber dem exacten Fachwerke(1) und der naiven kritik­und formlosen Compilation von Zeitungsartikeln(2), wird Fontane sich stets der Gunst der großen Mehrzahl der Leser erfreuen und er verdient dieselbe durch strenge und zuverlässige Forschung und geschmackvolle künstlerische Darstellung. Beides findet man leider in Deutschland so selten vereinigt, daß bei uns die gedankenlosen Leute sogar glauben, eine geschmacklose Darstellung habe die Vermuthung der Wissen­schaftlichkeit für sich, und eine geschmackvolle habe sie gegen sich. Selt­samer und verhängnißvoller Irrthum! 39 Trotz der wohlwollenden Aufnahme in den Feuilletons der Zeitungen und auch in den eher fachspezifischen militärischen Periodika hatte Fontanes Der Krieg gegen Frankreich nur bedingt Erfolg, und zwar sowohl was die Nachfrage auf dem mit Kriegspublikationen geradezu verstopften Buch­markt angeht, als auch die Anerkennung durch den preußisch-deutschen Staat und seinen Kaiser. Was als Integrationsprojekt intendiert und auch von den meisten Rezensionen als neue Position und als neuer Ton in der