Heft 
(2021) 111
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»Von Zwanzig bis Dreißig« Briese 189 Aufsatz von Matthias Grüne. Auffallend nämlich erscheine in der Autobio­graphie»der weitgehende Verzicht auf die Schilderung der Menschen und Ereignisse aus dem Blickwinkel des jungen Fontane«(S.  164). Wenn das doch einmal der Fall ist so bei einigen Szenen der Revolution 1848 wird die»perspektivische Differenz« aber umgehend»nivelliert«(S. 167). Der jun­ge Fontane erscheint fast durchgehend als Spiegelbild des alten. Insofern stellt die Gesamtpersönlichkeit»etwas weitgehend Statisches« dar(S. 174), ohne»Entwicklung«(S. 168). Das sei aber nicht primär eine Frage taktischer Verwischung, sondern eines literarischen Konzepts, das eben keinen Ent­wicklungsroman intendiert, sondern sich auf Anekdotisches fokussiere. Im Abschlussbeitrag des Bandes kommt noch einmal Wolfgang Rasch zu Wort. Ausgehend von Passagen über Hermann Maron in Von Zwanzig bis Dreißig schlüsselt er ein von Fontane(falsch erinnertes) Gedicht Marons auf, und es kommen elf Gedichte Marons aus dem Berliner Figaro(1839) zum Abdruck. Um vielleicht ein kleines Fazit zu ziehen: Mit dieser kommentierten Au­tobiographie und dem daran anknüpfenden Sammelband ist nun eine grundlegende Basis des Verständnisses der autobiographischen Werke Fontanes gegeben(welche Publikationen und Manuskripte man zu diesem Komplex»Autobiographisches« auch immer hinzuzählen wird). Man kann diesen Text also nicht als bloße Fundgrube für Biographisches verwenden und nicht lediglich als Lesehilfe für Fontanes literarische Arbeiten heran­ziehen können. Denn er ist auf spezifische Weise selbst Literatur und auch unter den Vorzeichen ›Fiktionalität des Autobiographischen‹, Konstruktion literarischer Authentizität, literarische Performativität sowie Verdrängun­gen, Umbesetzungen und Überschreibungen u.a. zu erschließen. Die nächs­ten drei geplanten und anstehenden Veröffentlichungen im Rahmen dieser »Großen Brandenburger Ausgabe«( Kriegsgefangen, Meine Kinderjahre, »Kleinere autobiographische Texte und Dokumente«) können und werden in jedem Fall auf diesen neuen Erkenntnissen aufbauen. Olaf Briese