220 Fontane Blätter 111 Informationen 111 Jahre ist die Werbegraphik von Preetorius heute alt – und wirkt doch aktuell und zeitlos modern, wie auch so mancher der Bände, die Samuel Fischer damals mit verlegerischem Gespür für seine Reihe auswählte, noch heute sein Publikum findet. Recherchiert man die Reihe im Katalog der Berliner Staatsbibliothek, stößt man auf 111 Einträge, wobei allerdings einige Bände mehrfach gezählt sind, da die unterschiedlichen Auflagen jeweils extra verzeichnet wurden; auch die Reihe selbst erhielt einen Eintrag. Genau 111 Ausgaben liegen inzwischen auch von den Fontane Blättern vor. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Das hätte sich Joachim Schobeß kaum träumen lassen, als diese Zeitschrift anlässlich des 30jährigen Jubiläums des FontaneArchivs im Jahr 1965 erstmals vom Stapel lief. Allerdings ist dieses Periodikum, da es sich um eine Halbjahresschrift handelt, nur halb so alt wie die Werbegraphik von Preetorius, die der Ausgangspunkt dieses kleinen Essays war und die wir hier als Flaggengruß für Dich gehisst haben, lieber Kollege Peter Schaefer, denn es ist der Zeitpunkt gekommen, da Du das Schiff verlässt. Wenn das kein Anlass ist für einen lauten Salut-Seufzer aus der Schiffshupe! Muss man an dieser Stelle sagen, was die Fontane Blätter sind? Das scheint überflüssig, allenfalls sinnvoll zur Ertüchtigung später hinzugekommener Gasten. Jawohl Gasten, hier ist der marinesprachliche Fachausdruck und Plural von Gast gemeint. Denn Leserinnen und Leser einer Fachzeitschrift sind nicht einfach zivile Besucher, sondern schon halb Clubmitglieder. Dies ist keine Drohung, sondern eine Einladung, fast eine Nobilitation. Obwohl es sich um eine wissenschaftliche Zeitschrift handelt, die keineswegs mit den charmanten Primärliteraturbändchen von Fischers Bibliothek zeitgenössischer Romane konkurrieren kann, finden auch die Fontane Blätter bis heute ihre Abonnenten und – was mehr ist – ihr Publikum. Die gesamte Reihe, die inzwischen mehr als einen ganzen Regalmeter einnimmt, verkörpert ein halbes Jahrhundert Wissenschafts-, Institutions- und Gesellschaftsgeschichte und kann als Herz der Fontane-Forschung neben der Chronik, der Bibliographie und dem Brief-Verzeichnis einen wichtigen Platz in jeder Theo- Logischen Forschungs- und Liebhaberbibliothek beanspruchen. Inzwischen sind die Hefte bis auf die jüngsten zwei Jahrgänge online zugängig und werden weltweit eifrig genutzt. Zunächst waren es dünne Hefte von 20 bis 30 Seiten, die sich über die Jahre zu starken Bänden summierten, später wurden die einzelnen Nummern umfangreicher und erhielten einen Umschlag, weiß zunächst, ab 1994 gelb, ab 1997 blau. Reihte man all diese Titelseiten aneinander, gäbe das eine bunte Wimpelkette, aus der die Doppelnummer 65/66 zum 100. Todestag im Jahr 1998 und die Nummer 100 durch ihre weiße Farbe hervorstächen. Eine Vignette schmückte die Nummern der ersten Bände, eine verkleinerte Reproduktion des Fontane-Porträts von Max Liebermann. Mit dem Heft 25 wurde dieses Element zugunsten eines einfachen, schlichten Titels aufgegeben. Schon auf dem Umschlag wird der Inhalt verraten, dabei blieb es bis zum jüngsten Heft. Nur ein einziges Mal war eine Meldung so wichtig, dass sie es selbst auf den Umschlag schaffte, und das war in der Nummer 107, die im Jubiläumsjahr 2019 erschien, als Fontane 200 Jahre alt wurde. Sein Bibliograph hatte in der Bleiwüste der Kolumnen der Spenerschen Zeitung Fontanes Geburtsanzeige wiedergefunden, die so lange verschollen war. Der Kurs stand von Anfang an fest. Den ersten Beitrag steuerte Peter Wruck bei. Er untersuchte das Zeitgeschichtsverständnis in Fontanes Roman Vor dem Sturm. Außerdem gab es schon in der ersten Nummer wissenschaftliche Kontroversen, Mitteilungen über den Kreis der Freunde Fontanes sowie aus der Arbeit
Heft
(2021) 111
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