Abschiedsgruß für Peter Schaefer 221 des Fontane-Archivs. Texte, Kontexte, Informationen, immer wieder geschöpft aus der bis heute lebendig sprudelnden Quelle Fontane. Ist es nicht zum Staunen, was für große und kleine Fische in all den Jahren noch aus diesem Sund des literarischen Meeres gezogen wurden, trotz aller Unkerei, dies Gewässer sei längst überfischt! Sogar über die engeren Grenzen der Mark hinaus stießen einige Beiträge auf Interesse, was sich etwa durch die Notizen von Jens Bisky über den Beitrag Homer schläft in Heft 105(2017) und von Lothar Müller über die Anmerkungen von Rudolf Muhs über Georg Hermann in Heft 109(2020) zeigte, beide erschienen in der Süddeutschen Zeitung. Besondere Aufmerksamkeit fand die Darstellung der längsten Hapaxlegomena in Fontanes Romanwerk in Heft 106 (2018). Der Beitrag wurde mehrfach in der Presse erwähnt, u. a. in der Neuen Zürcher Zeitung und in der Süddeutschen Zeitung, und zu einer der tragenden Säulen der Neuruppiner Ausstellung im Jahr 2019. Die Liste der längsten Hapaxlegomena, die im Theodor-Fontane-Archiv auch als Plakat gezeigt wurde, war bei den Besuchern unseres Hauses als Souvenir besonders beliebt. Etwa 1.250 Beiträge sind seit 1965 in diesen Heften erschienen. Bei einer solchen Textmenge bleiben auch Fehler und Versehen nicht aus. Im kleinen Kreis einer sich wie von selbst immer wieder neu bildenden Societa Oenologica haben wir über die Fehler gelacht und den Euphemismus»Prüfgurken« dafür erfunden, als seien sie absichtlich in den Texten gelegt wie Fallen, um die Aufmerksamkeit der Leser zu testen. Die jüngste Aufmerksamkeitsprobe dieser Art fand Wolfgang Rasch im Heft 110 auf Seite 9. Nach jedem Heft müsste man den Redakteur eigentlich ins Wasser schmeißen, wie man es beim Rudern mit den Steuerleuten macht. Die Herausgeberschaft lag anfangs beim Theodor-Fontane-Archiv. Der Archiv-Leiter war zugleich Chefredakteur und konnte sich auf einen wissenschaftlichen Beirat stützen. Seit dem Heft 58, das 1994 erschien, wurden die Blätter in gemeinsamer Verantwortung vom Archiv und der Fontane Gesellschaft herausgegeben. Die redaktionelle Arbeit wurde einem verantwortlichen Redakteur übertragen. Seit dem Heft 41, das 1986 erschien, bist Du mit dieser Aufgabe betraut. Du hast also den Löwenanteil von über 60 Nummern als Redakteur begleitet. Einmal, für Heft 62, hast Du als kommissarischer Archiv-Leiter gemeinsam mit Helmuth Nürnberger Herausgeber-Verantwortung getragen. Mit leuchtenden Augen bist Du oft aus den Redaktionskonferenzen gekommen. Was Dich auszeichnet, sind Neugier und Begeisterungsfähigkeit, Dein enormes Fachwissen und ein ungewöhnliches Kommunikationstalent. Allerhand Seemannsgarn hast du gesponnen in dieser Zeit. Geschichten kannst Du erzählen wie kaum einer, das muss man Dir neidlos lassen. Wenn Du jetzt von Bord gehst, nimmst Du einen prall gefüllten Seesack von Erinnerungen mit. – Unser Wunsch, den wir Dir mitgeben möchten: Behalte sie nicht für Dich, schnüre den Seesack auf und gib sie uns auf eine Weise zurück, die unserem Erinnerungsvermögen gerecht wird. Über Papierkontingente wäre zu reden, die im Osten knapp waren und mitunter auf kreative Weise mobilisiert werden mussten, über die Qualität und Größe der Abbildungen, über die listige Erfindung der Klapptafel, mit der die Segelfläche wie durch Zauberei verdoppelt werden konnte. Über Blaupausen und fehlende Kolumnentitel. Über die Seite mit dem Motto, die Dir gehörte und auf der Du allerhand subversive Kommentare unterschmuggeln konntest. Und über das ganze Personal, das auf so einem Navis Narratorum einmal mitfährt, ohne sich beirren zu lassen von Freibeutern der Meere und den Stürmen der Zeit – und das nun ohne Dich die Fahrt wird fortsetzen müssen. Auf zu neuen Ufern! Ahoi, gute Reise!
Heft
(2021) 111
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