Heft 
(2021) 112
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Die Gartenlaube im Krieg  Stockinger 37 »[F]ür ›geschlossene Bilder und Schilderungen‹ hat man in dem sehr wilden Feldleben selten Muße« 1 . Die Gartenlaube im Krieg Claudia Stockinger Am Dienstag, den 19. Juli 1870, in der 29. Kalenderwoche des Jahres also, begann der Deutsch-Französische Krieg. Die Gartenlaube aber plauderte sich noch zwei Wochen lang durch allerlei Buntes. Levin Schückings Back­fischroman Die Thurmschwalbe ging in die dritte und vierte Folge, Her­mann von Schmids Dorfgeschichte Der Bergwirth. Geschichte aus den bai­rischen Bergen näherte sich mit der siebten und achten Folge allmählich ihrem Ende, und Otto Funke informierte in einer zweiteiligen Miniserie über Die Diätetik der Vegetarianer. In der Reihe Wild-, Wald- und Waid­mannsbilder zeichnete Guido Hammer in Text und Bild die anthropomor­phe Idylle einer Rehmutter mit ihren Zwillings-Kitzen( Ein Waldkleeblätt­chen), und Wolfgang Müller widmete sich in einer weiteren Bildbeschreibung einfühlsam den»letzten Tage[n] eines Verurtheilten«. Etwas spannender, aber doch anekdotisch-entspannt berichtete man Aus dem Seetagebuche des österreichischen Seeofficiers F. in Foggia von einer glücklich überstan­denen Gefährdung auf hoher See. Harmlosigkeiten allerorten, keine Spur vom Krieg. 2 Die Gründe dafür liegen auf der Hand, oder besser: in den Herstellungs­bedingungen des Familienblatts, das in zeitlicher Hinsicht über nur gerin­ge Handlungsspielräume verfügte. Zwar beanspruchte das zeitgenössische Gattungsverständnis auch für die Zeitschriften des 19. Jahrhunderts,»Ge­genstände« in den Blick zu nehmen,»die gerade für den Augenblick Inter­esse haben«(so etwa die Oekonomische Encyklopädie von Johann Georg Krünitz 1857) 3 ; de facto aber blieb dies allein der Zeitung unter den Perio­dika vorbehalten. Das Familienblatt reagierte auf die Not einer über weite Strecken wöchentlichen Erscheinungsweise, indem es sein spezifisches Programm den zeitlich determinierten Verfahrensabläufen anpasste: Auf ›Zeitmitschriften‹ zielte Die Gartenlaube demnach dezidiert nicht ab. Viel­mehr ging es ihr ganz selbstbewusst um eine lediglich relative Aktualität, also darum, Zeitgeschehnisse aus einer gewissen Distanz heraus einzuord­nen, zu kommentieren und zu beurteilen. 4 Zumindest auf dem Papier konnte