40 Fontane Blätter 112 Dossier. Fortsetzung Unfehlbarkeit) und hetzte bevorzugt gegen die Jesuiten( Die Jesuitenmissionen im Augenblick der Vaterlandsgefahr, Der Einfluß der pfäffischen Vaterlandsverräther). Meistenteils war es auch hier bereits der Krieg, der als Argument für oder gegen eine Institution herhalten musste; er beherrschte fortan die Blickrichtung. In seinen Dienst stellte sich ›das Vaterland‹ auf allen Ebenen, z. B. einzelne Frauenvereine, die sich für diese Ausnahmezeit der Versorgung»von Verwundeten und Fürsorge für die Landwehrfrauen« zu widmen bereit erklärten( Die Liebesthätigkeit der Vereine). 15 Dennoch arbeiteten – bei allem Interesse an Aktualität – selbst die Deutschen Blaetter zunächst einmal ihren Stehsatz ab. In Nr. 31 fühlte sich die Redaktion deshalb zu einer längeren peritextuellen Notiz genötigt, die erklären sollte, warum man die Vorkriegsserie über eine Ausstellung in Kassel nun einfach so fortsetzte. Man behauptete, gerade dann»im Sinne unserer Leser zu handeln«, wenn man die eigene, den»Bewegungen des jähe unterbrochenen Friedens gewidmete Thätigkeit im Angesichte der furchtbaren Kriegsereignisse nicht gänzlich zur Seite« stellte. 16 Um für Tagesaktuelles flexibel zu sein, waren auch die Deutschen Blaetter auf eine Kleinartikel-Rubrik angewiesen: die sogenannte Umschau, die der Rubrik Blätter und Blüthen im Hauptblatt vergleichbar ist, 17 allerdings meist etwas mehr Platz erhielt als jene. Dass beide Blätter unabhängige Leser*innenkreise avisierten, 18 lässt sich gerade an Doppelungen sehen, die im Umfeld des Krieges zu verzeichnen sind. Womit die erste Beilage nach dessen Ausbruch endete, damit leitete das Hauptblatt in Heft Nr. 31 mit einer Leser*innen-Adresse ein. Diese machte darauf aufmerksam, dass aufgrund der außergewöhnlichen Umstände künftig auch Die Gartenlaube ›authentische‹»Schilderungen« von den Kriegsschauplätzen liefern werde. Darüber hinaus startete die Beilage einen Aufruf zur Unterstützung der»Frauen und Kinder unsrer unbemittelten Wehrleute« 19 , den das Hauptblatt ebenfalls, allerdings erst in Heft Nr. 32, 20 einrückte. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle aber nicht die – trotz sich überstürzender Ereignisse – andauernde Behäbigkeit der Gartenlaube, die sich gerade im Vergleich mit den Deutschen Blaettern zeigt. Viel interessanter ist es zu sehen, dass und wie das Familienblatt auf die Zeitereignisse reagierte und von sich selbst, den eigenen Gepflogenheiten und Programmen ab zuweichen bzw. ihren Ermöglichungsbedingungen aus zuweichen versuchte. Hatte man während des Deutschen Krieges von 1866, der als zweiter Einigungskrieg die kleindeutsche Lösung der Nationalstaatsfrage von 1870/71 ja maßgeblich mit vorbereitete, noch betont, es sei»nicht die Aufgabe der Gartenlaube«,»eigentliche Kriegsberichte zu geben«, 21 rief das Familienblatt jetzt gleichsam zu den Waffen. In der Leser*innen-Adresse am Ende von Heft Nr. 31 hört sich das so an:
Heft  
(2021) 112
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