68 Fontane Blätter 112 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte von gelegentlichen Mitteilungen und Erinnerungsfragmenten zu verschieden en Bekannten, bevor mit Blatt 47 Materialien zum Oderland-Band der Wanderungen einsetzen, der Ende 1862 herauskam. Ähnliche Überlegungen müssen denn auch die Herausgeber der Abteilung Gedichte der Großen Brandenburger Ausgabe veranlasst haben, die(von ihnen nur knapp paraphrasierte) Figaro-Skizze im Notizbuch A12 ohne nähere Begründung auf die»Zeit um 1861« zu datieren. 10 Dass die Laufbahn einiger der Figaro-Dichter in der Frühphase der Arbeit an den Wanderungen Gegenstand von Gespräc hen mit Freunden und Bekannten war, zeigt auch ein an abgelegener Stelle überlieferter Eintrag aus Fontanes verlorenem Tagebuch zum 25. Februar 1860:»Rütli bei Menzel: Plaudereien über Kopisch, Ferrand und Minding«. 11 Der zitierte Wanderungen-Ergänzungsband der Großen Brandenburger Ausgabe enthält zudem noch ein paar einschlägige Notizen aus dem Nachlasskonvolut L15 des Fontane-Archivs, die von den Herausgebern wiederum auf die 1880er Jahre datiert werden. 12 Inhaltliche Überschneidungen mit dem Material im Notizbuch A12 sprechen jedoch auch in diesem Falle für ein früheres Entstehungsdatum. Blatt 1 von L15 war offensichtlich das Deckblatt einer Ideen- und Skizzensammlung mit dem provisorischen Titel»Dichter, Gelehrte, Künstler in Mark Brandenburg«. Das Wort»Künstler« ist aber mit Rötelstift durchgestrichen und dafür auf Blatt 3 über eine Namensliste nachträglich eingeschoben worden:»Die Künstler bilden einen besonderen Band«. Aufgeführt sind dort neun Positionen, darunter an dritter Stelle»Die Dichterschule des ›Berliner Figaro‹« mit sieben biographischen Unterkapiteln:»1. Ferrand 2. H. Marggraff 3. F. Brunold 4. Kossarski 5. Jul. Minding 6. Arth. Müller 7. Hermann Maron«. Es scheint dies eine Neukonzipierung des Entwurfs auf Blatt 2 zu sein, wo zehn namhafte»Dichter, Gelehrte, Künstler in Mark Brand enburg« erfasst sind, bevor es abschließend heißt: »Andre ganz kursorisch behandeln, jeden immer auf einer Seite: Daniel Leßmann, Ferrand, H. Marggraff, Gaudy I. und II., H. Maron, Jul. Mind ing etc. Ich übergehe dabei Namen wie Gutzkow, Heyse etc. etc. und nehme solche, die in den Nachschlagebüchern nicht stehn.« Dass Fontane im Umfeld der Arbeit an den Wanderungen Anfang der 1860er-Jahre erstmals mit dem Projekt einer Abhandlung über»Die Poëten vom ›Figaro‹« umgegang en ist, darf jedenfalls als sicher gelten. Mehr und Genaueres wird sich aber kaum noch feststellen lassen, abgesehen davon, dass Fontanes Bewertung des Dichterkreises zu dieser Zeit noch uneingeschränkt positiv gewesen zu sein scheint. Jedenfalls heißt es in der zitierten Notizbuchskizze weiter, der»Figaro« sei»insofern merkwürdig, als jeder, der es aus den Berliner Literatur- und Studentenkreisen später zu etwas gebracht hat, hier(im ›Figaro‹) begann. Umgekehrt aber stellt sich heraus, dass fast jeder dieser ›Figaro‹-Poeten etwas wurd e«. 13 Später sollte Fontanes Urteil entschieden kritischer ausfallen. Auf der von
Heft
(2021) 112
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