Dichterleben im Biedermeier Muhs 71 daher einstweilen ungeschrieben. Erst ein Dutzend Jahre später, als durch den Tod der Betroffenen alle Hindernisse beseitigt waren, konnte ein Hesekiel-Kapitel Eingang in Von Zwanz ig bis Dreißig finden. Die Absicht einer Publikation über»Die Poeten d. Berl. Figaro« hat Fontane aber auch nach seiner Enttäuschung über die Scherenberg-Rezeption und der Aufgabe einer Hesekiel-Biographie nicht gleich fallengelassen, wie aus dem Konvolut St 49 weiter hervorgeht. Der auf Blatt 13 festgehaltene Gedankenblitz»Literatur-Buch. Seitenstück zu Scherenberg« wird auf Blatt 14 detaillierter entwickelt:»Ein Band als Seitenstück zu Scherenberg«. Gedacht war an ein zweiteiliges Werk, das in seinem ersten Teil fünf separate Kapitel enthalten sollte: 1. Das Jahr 30 oder die Zeit wo ich nach Berlin kam. Holtei. Glasbrenner. Beckmann. Pohl. Plock. Vorher Spitzeder. Schmelka. Billo 2. Die Gründung des Figaro. 3. Die Poeten des Figaro. besteht aus 8 bis 10 kl. Biographien. 4. Eduard Ferrand. 5. Julius Minding. Für den Abschnitt über Ferrand hätte Fontane auf seine Notizen von Anfang der 1860er-Jahre zurückgreifen können und für das dritte Kapitel auf die vielzitierte Vorarbeit von 1884. Bezeugt ist überdies, dass sich der Dichter 1885 tatsächlich auch mit Minding noch einmal eingehend beschäftigt hat. 23 Ein»Eigh. Entwurf zu einer biograph. Skizze« im Umfang von zwölf Seiten war im Vorkriegsbestand des Fontane-Archivs noch nachgewiesen 24 , ist jedoch, wie so viele hier diskutierte Dokumente, seit 1945 verschollen. 25 Den zweiten Teil sollte in dieser Variante des Projekts eine Abhandlung über Willibald Alexis bilden, den seinerzeit hoch geschätzten Verfasser historischer Romane. Ob Fontane hier an einen Wiederabdruck seines einschlägigen Essays von 1872 gedacht hat oder aber etwas Neues schreiben wollte, muss ebenso offenbleiben wie die Frage, warum er den Plan einer Geschichte des Berliner literarischen Lebens während seiner Jugendjahre nicht weiter verfolgt und zum Abschluss gebracht hat. Bei aller Enttäuschung über das kritische Echo auf Scherenberg war es sicherlich nicht ganz ernst gemeint, wenn er in einem Brief an seinen Verleger damit kokettierte, das Schreiben ganz aufzug eben:»Die Sehnsucht irgendwo Kohl zu baun und ein paar Pflaumen am Spalier zu ziehn, wird immer größer.« 26 Vorstellbar ist jedoch, dass ihm selbst Zweifel an der Wahl des gewählten Formats gekomm en sind. Denn obwohl ursprünglich als»ein Stück Literaturgeschichte« intendiert, dürfte seine Beschäftigung mit den Figaro Dichtern 1884 eher Memoirencharakter gehabt haben. Gleichgültig ob es sich bei dieser Arbeit nun um ein abgeschlossenes Manuskript gehandelt hat oder nicht, lassen einige überlieferte Exzerpte aus Brunolds Werk 27 sowie die im Auktionskatalog vermerkten»interessanten Originalbriefe«
Heft
(2021) 112
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