Heft 
(2021) 112
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Dichterleben im Biedermeier  Muhs 71 daher einstweilen ungeschrieben. Erst ein Dutzend Jahre spä­ter, als durch den Tod der Betroffenen alle Hindernisse beseitigt waren, konnte ein Hese­kiel-Kapitel Eingang in Von Zwan­z­ ig bis Dreißig finden. Die Absicht einer Publikation über»Die Poeten d. Berl. Fi­garo« hat ­Fontane aber auch nach seiner Enttäuschung über die Scherenberg-Rezep­tion und der Aufgabe einer Hesekiel-Bio­graphie nicht gleich fallengelassen, wie aus dem Konvolut St 49 wei­ter hervorgeht. Der auf Blatt 13 festgehalte­ne Gedankenblitz»Literatur-Buch. Seitenstück zu Scherenberg« wird auf Blatt 14 detaillierter entwickelt:»Ein Band als Seiten­stück zu Scheren­berg«. Gedacht war an ein zweiteiliges Werk, das in seinem ersten Teil fünf sepa­rate Kapitel enthalten sollte: 1. Das Jahr 30 oder die Zeit wo ich nach Berlin kam. Holtei. Glasbrenner. Beckmann. Pohl. Plock. Vorher Spitzeder. Schmelka. Billo 2. Die Gründung des Figaro. 3. Die Poeten des Figaro. besteht aus 8 bis 10 kl. Biographien. 4. Eduard Ferrand. 5. Julius Minding. Für den Abschnitt über Ferrand hätte Fontane auf seine Notizen von An­fang der 1860er-Jahre zurückgreifen können und für das dritte Kapitel auf die vielzitierte Vorarbeit von 1884. Be­zeugt ist überdies, dass sich der Dich­ter 1885 tatsächlich auch mit Minding noch einmal ein­gehend beschäftigt hat. 23 Ein»Eigh. Entwurf zu einer biograph. Skizze« im Umfang von zwölf Sei­ten war im Vor­kriegs­bestand des Fontane-Archivs noch nach­ge­wiesen 24 , ist je­doch, wie so viele hier diskutier­te Dokumente, seit 1945 ver­schollen. 25 Den zwei­ten Teil sollte in dieser Variante des Projekts eine Abhandlung über Wil­li­bald Ale­xis bilden, den sei­nerzeit hoch ge­schätz­ten Ver­fas­ser histo­rischer Roma­ne. Ob Fon­tane hier an einen Wiederabdruck seines ein­schlägigen Es­says von 1872 gedacht hat oder aber et­was Neues schreiben wollte, muss ebenso offenbleiben wie die Frage, warum er den Plan einer Geschichte des Ber­liner litera­ri­schen Lebens wäh­rend sei­ner Ju­gend­jahre nicht weiter v­er­folgt und zum Abschluss gebracht hat. Bei aller Enttäu­schung über das kri­ti­sche Echo auf Sche­ren­berg war es sicherlich nicht ganz ernst gemeint, wenn er in einem Brief an seinen Ver­leger damit koket­tierte, das Schrei­ben ganz auf­zug­ e­ben:»Die Sehn­sucht ir­gendwo Kohl zu baun und ein paar Pflaumen am Spalier zu ziehn, wird immer größer.« 26 Vorstellbar ist jedoch, dass ihm selbst Zweifel an der Wahl des gewähl­ten Formats ge­kom­m­ en sind. Denn obwohl ursprünglich als»ein Stück Lite­ra­turge­schichte« intendiert, dürfte seine Beschäftigung mit den Figaro ­Dichtern 1884 eher Memoiren­cha­rakter ge­habt haben. Gleichgültig ob es sich bei dieser Arbeit nun um ein abgeschlossenes Manu­skript ge­handelt hat oder nicht, lassen einige überlieferte Exzerpte aus Bru­nolds Werk 27 so­wie die im Auk­tions­katalog ver­merkten»inter­essan­ten Originalbriefe«