Fontanes Bücher im Börsenblatt Rasch 93 Bibliograph ebenso wie der Bibliothekar durch Regelkonventionen streng an das ausgedruckte Jahr des Titelblatts gebunden. Mitunter sorgt das aber innerhalb einer Bibliographie für Verwirrung. Es kann vorkommen, dass ein Roman mit dem ›offiziellen‹ Erscheinungsjahr 1880 auf dem Titelblatt schon im Herbst 1879 in öffentlichen Blättern Besprechungen erfährt. Um solche irritierenden Anachronismen in einem bibliographischen Gesamtbild zu vermeiden, wäre in einer Annotation zur Titelaufnahme auf das genaue, mitunter von der Jahreszahl des Titelblatts abweichende Erscheinungsdatum aufmerksam zu machen. Diese Datierungsfragen zeitgenössischer Bücher Fontanes wurden bei der Planung und beginnenden Ausarbeitung der Theodor Fontane Bibliographie 1999/2000 nicht hinreichend berücksichtigt. Fontanes Werkbiographie schien bis in die kleinsten Nuancen hervorragend erschlossen, die Genesis seiner Werke von ersten Entwürfen, der Niederschrift, der Drucklegung bis zur Auslieferung als Buch erschöpfend erforscht und genau dokumentiert, die korrekte chronologische Reihenfolge der Bücher längst ausgemacht. Angesichts der hohen Zahl aufzunehmender Titel wurde daher diese Fragestellung zur Seite gelegt, zumal von der gleichzeitig entstehenden Theodor Fontane Chronik zuverlässige, detaillierte, erhellende Auskunft zur Werk- und Druckgeschichte zu erwarten war. Die Chronik trug sorgfältig zusammen, was ihr die Forschungsliteratur, die Erläuterungen großer Fontane-Editionen oder autobiographische Quellen(Tagebücher, Briefe) an Ergebnissen lieferte. Damit konnte ein beträchtlicher Grundbestand genauerer Erscheinungsdaten von Büchern Fontanes festgehalten werden. Es blieben jedoch Lücken, Fragefälle, Irritationen. Detailinformationen aus Forschung und Quellenwerken konnten nicht immer kritisch geprüft werden, sodass vereinzelt Irrtümer oder Missverständnisse der Forschungsliteratur fortgeschrieben wurden. Hinweise, die sich aus biographischen Kontexten – Briefen, Tagebuchaufzeichnungen etwa – ergeben, können bisweilen zu Fehlschlüssen verleiten: So lässt sich aus der Mitteilung eines Verlegers an den Autor, die Buchauflage läge fertig gedruckt vor, nicht sicher schließen, dass sie auch zeitnah ausgeliefert wird. Der Empfang von Freiexemplaren bedeutet nicht, dass der Band erschienen ist, sondern lediglich, dass die Bücher gedruckt sind. Nicht einmal das Erscheinungsdatum einer ersten Rezension gibt absolute Gewissheit, denn der Autor könnte von seinen Freiexemplaren Gebrauch gemacht und Rezensenten damit schon vor Auslieferung des Werkes bedient haben. In all diesen Fällen sind Zweifel angebracht. Alles in allem hätte eine systematische Suche nach den Erscheinungsdaten von Fontanes Büchern auch für die Theodor Fontane Chronik ein zeitraubendes ›Projekt im Projekt‹ bedeutet und ließ sich nicht realisieren. Als primäre Quelle für eine methodisch gesicherte Recherche nach Erscheinungsdaten von Büchern kam nur das Börsenblatt für den Deutschen
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(2021) 112
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