Heft 
(2021) 112
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Schwiegertochter Martha Robert  Seiler 149 in dem Streit positionieren konnten, wird Fontane nur das Erwartete haben hören wollen, nämlich dass sie auf der Seite der Tochter standen. Wenige Tage später erfuhr er aber zu seiner Erleichterung, dass es so schlimm nicht stehe Emilie hatte die Schwiegertochter besucht und auch Post aus Homburg erhalten. Ihre Hauptneuigkeit, dass in Münster das er­wartete Enkelkind angekommen sei, findet er daneben fast zweitrangig und resümiert: Daß Marthachen draußen so nett war, freut mich und noch mehr, daß George so nett aus Homburg geschrieben. Ist das alles so, stimmt es, läuft nichts von Kommödienspiel mit drunter, so weiß ich nicht, um was wir uns noch echauffiren sollen. Alles ein neuer Beweis dafür, daß man sich nicht in Ehefragen und Ehestreitigkeiten mischen soll. 27 Kurz darauf kam ihn Emilie mit»Marthachen« in Rüdersdorf sogar besu­chen. George war ja noch zur Kur, wenn auch ohne Erfolg, wie im Tagebuch notiert. 28 Ganz beruhigt war Fontane aber weiterhin nicht und schreibt acht Wochen später aus dem Riesengebirge, dass es»ein großes Glück« wäre,»wenn in Lichterfelde doch noch alles harmonisch zusammenklän­ge«. 29 Das allerdings trat nicht ein, sondern was eintrat war Georges Tod. Bei der Rückkehr nach Berlin erfuhr Fontane zunächst, wie er an Emilie nach Dresden schreibt:»George laboriert wieder an seinem Magen.« 30 Schon nach dem ersten Besuch aber schilderte ihm Mete seinen Zustand als gänzlich hoffnungslos. An Leibschmerzen gewöhnt, hatte er anscheinend viel zu lange gewartet, bis er sich untersuchen ließ, und da war gegen den Blinddarmdurchbruch nichts mehr zu tun.»Als ich ihn wiedersah«, hält Fontane fest,»sah ich in ein Gesicht, das der Tod schon gestempelt hatte.« 31 Die drei konsultierten Ärzte konnten offenbar noch nicht einmal seine Schmerzen lindern. So starb er unter großen Qualen am 24. September 1887 im Lichterfelder»Roten Haus«. Wie»Marthachen« das alles aufnahm, ist nirgendwo festgehalten, die Rede ist nur von Mete.»Mete hatte ihn während der letzten vier Nächte mit heroischem Mute gepflegt, gemeinschaftlich mit einer grauen Schwester«, berichtet Fontane nach Münster.»Metes Liebesbeweise und die Tapferkeit und Umsicht, womit sie ihn gepflegt, waren ihm das einzige Licht dieser schweren Tage, und er gab der Freude darüber auch Ausdruck bis zuletzt.« 32 Beistand und Trost also durch Mete und eine»Graue Schwester«, eine Krankenpflegerin des Elisabethordens, doch durch die Ehefrau nicht? Dass Martha anwesend war, steht nicht in Frage. Fontane selbst bemerkt zu Me­tes Hinausfahren nach Lichterfelde allerdings noch ohne Kenntnis von Georges Zustand, dass die»liebenswürdige Schwiegertochter« Unter­stützung brauche, weil sie zu nachgiebig sei, sie»entbehrt der Commando­stimme, deren Kranke so sehr bedürfen«. 33 Wie jedoch erklärt sich, dass sich Martha von dem Kranken sogar fern­hielt? Denkt man darüber nach, so muss man vermuten, dass die Ehekrise