Heft 
(2021) 112
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Schwiegertochter Martha Robert  Seiler 157 unmissverständlich.»Gehst du vielleicht mit einer bestimmten Absicht um, mit einem ernsten Zukunftsplane, der sich auf eine leicht zu errathende Dame richtet«, schreibt er im Januar 1890 an ihn, als die täglichen gemein­samen Mittagessen im Johanniterhaus wegen geschäftlicher Differenzen auf die Sonntage beschränkt werden sollten,»so lass uns ein Wiederan­knüpfen vermeiden, weil es nutzlos wäre. Deine und unsre Lebenswege würden dann für immer getrennt sein.« 60 Friedrich beeilte sich daraufhin, auf sein eher angespanntes Verhältnis zu Martha hinzuweisen, doch kann das auch der Situation geschuldet gewesen sein. Unüblich waren solche »Nachheiraten« in der eigenen Familie ja keineswegs. Zumal wenn beim Tod einer Frau kleine Kinder zurückblieben, rückte nicht selten eine jünge­re Schwester nach. Warum also Fontanes so entschiedener und sogar schriftlicher Einspruch? Sah er Georges Andenken damit beschädigt? Wollte er mit den Roberts nichts mehr zu tun haben? Oder spielte gar Eifer­sucht mit hinein? Man kann zu Fontanes Motiven nur Mutmaßungen an­stellen, erkennbar allein ist, dass er zum Nachgeben nicht bereit war. Der nächste Anlass, sich über Martha zu äußern, war der unerwartete Tod ihres Vaters Anfang Juni 1890. Da er sich gewissermaßen nebenan er­eignet hatte, waren die Fontanes unmittelbar informiert, ging Fontane na­türlich mit zur Beerdigung und hatte man auch mit Martha wieder etwas mehr Kontakt. 61 Mete gewann anscheinend den Eindruck, dass die Schwä­gerin ihre Erschütterung nur spiele. Das wollte Fontane jedoch nicht gelten lassen:»Gegen Marthachen Robert bist Du, glaub ich, zu streng«, antworte­te er ihr,»sie kann 7 oder 17 Liebesverhältnisse haben und sich mit ihrem Staat und ihrer Pelle beschäftigen und kann doch ganz ehrlich Krämpfe kriegen, wenn sie ihren Vater 3 Tage lang in Todeskämpfen und von Minute zu Minute am Ersticken sieht.« Justizrat Robert starb also an Diphterie, ein grausamer Tod, der erst fünf Jahre später durch eine Impfung abwendbar wurde. Bemerkenswerter als diese Zurechtweisung ist aber, was er selbst an Martha auszusetzen hat, bemerkenswerter, weil es für seine Verhältnis­se nicht nur ungewöhnlich grob ausfällt, sondern auch noch ungerecht ist. »Was mich, bei den oberflächlichen Berührungen die wir mit M. R. haben, am meisten stört«, schließt er an,»ist nicht die Komödianterei(diese ist auch vielfach schwer zu beweisen) sondern ihre ganz kolossale Dummheit und Langweiligkeit. Auch im Sprechen muss man sich auf den Geist des Andern wie auf einen sichren Krückstock fest und angenehm stützen können, M. R. aber giebt einem statt dessen nur einen Zwirnsfaden in die Hand.« 62 Was hat ihn zu diesem Ausbruch veranlasst, der ja doch allem wider­spricht, was er früher über sie geäußert hatte? Etwas an ihrem Verhalten ärgerte, ja kränkte ihn, und man kann sich auch klar machen, was das war. Man braucht nur daran zu denken, was ihm an der anderen Schwiegertoch­ter, der Martha aus Münster, von Fall zu Fall gefiel. Es gibt eine Erinnerung Gerhart Hauptmanns an eine kleine Gesellschaft in Fontanes Wohnung, bei