Heft 
(2021) 112
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174 Fontane Blätter 112 Labor ­Fontane-Referenzen bei Günter Grass die chinesische Fontane-Forschung, allen voran der literarische Wiedergänger Fontanes, Fonty, in dem heftig umstrittenen Roman Ein weites Feld aus dem Jahr 1995, der ein litera­risches Porträt der deutschen Geschichte von 1848 bis 1990 zeichnet. Die Germanis­tin Chen Liangmei aus Nanjing besprach den Roman 1996 in der einflussrei­chen Literatur- und Kunst-Zeitung Wenyi bao und hob dort insbesondere die intertextuellen Bezüge zu Fontanes Texten hervor. Die mit einer Arbeit über Grass und Fontane in Stuttgart promovierte Germanistin Zhang Xinyi widmete in ihrer chinesischen Grass-Monographie der Beziehung zwischen dem Dichter Fontane und der Figur Fonty ein eigenes Kapitel. 18 Diese Ten­denz setzt sich fort. In den letzten zwei Jahrzehnten rücken Fontanes Romane dann aber zu­nehmend systematischer ins Blickfeld der Forschung. So sind in den landes­weit angesehenen Fachzeitschriften wie Waiguo wenxue pinglun( Foreign Literature Review, hrsg. vom Institut für ausländische Literatur der Akade­mie der Sozialwissenschaften), Guowai wenxue( Foreign Literatures, hrsg. von der Peking University) und Deguo yanjiu( Deutschland-Studien, hrsg. von der Tongji-Universität) wichtige Forschungsergebnisse über Fontane erschienen, die auch in Europa zur Kenntnis genommen werden. Die Fontane-Forschung nimmt auch am Germanistikinstitut der Bei­hang Universität einen wichtigen Platz ein. In den letzten Jahren avancierte es zu einem Standort für die chinesische Fontane-Rezeption. Seit 2008 wer­den hier regelmäßig Fontane-Seminare für Germanistikstudierende ange­boten; der Dichter gehört also fest ins Curriculum. Lektüre- und Diskussi­onsgegenstände der vor allem auf Masterstudierende und Doktoranden ausgerichteten Seminare sind die Romane Die Poggenpuhls, Mathilde Möhring, Effi Briest, Schach von Wuthenow, Unwiederbringlich, Der Stech­lin, Grete Minde und nicht zuletzt Frau Jenny Treibel. Als Textgrundlage dient die Große Brandenburger Ausgabe. Romane wie Schach von Wuthe­now, Unwiederbringlich und Der Stechlin haben wir im Seminar wiederholt behandelt. Die Forschungsergebnisse aus den Seminaren konnten in den oben bereits erwähnten Fachzeitschriften und der internationalen Zeit­schrift Neophilologus veröffentlicht werden. 19 Einige Teilnehmende der Se­minare haben mit Arbeiten über Effi Briest, Schach von Wuthenow und Un­wiederbringlich den Mastergrad im Fach der Germanistik erhalten. Die ersten chinesischen wissenschaftlichen Veröffentlichungen über Die Pog­genpuhls, 20 Mathilde Möhring, 21 Der Stechlin, 22 Schach von Wuthenow 23 und Unwiederbringlich 24 sind den Fontane-Seminaren an der Beihang zu ver­danken. Das vielfältige Spektrum der behandelten Themen reicht von der Wasserpoetik und der kulinarischen Analogie in Die Poggenpuhls über die Verschränkung des privaten mit dem politischen Raum in Schach von Wuthenow bis zu versteckten Rollenspielen im Roman Mathilde Möhring. Wichtig ist dabei, dass es sich um Studien handelt, die sich von der Thematik