Heft 
(2021) 112
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190 Fontane Blätter 112 Rezensionen Sorge‹. Scheiternde Versuche Friedrichs, als Hauslehrer zu wirken. Erste Erfolge beim Verfassen von Artikeln für die ›Preußische Staatszeitung‹. Karl auf Reisen nach Jena und Dresden«(S. 138) oder 5.10.»Friedrichs Befinden in Berlin im Sommer 1857. Innerfamiliäre Probleme und Gesundheitssor­gen. Karl als weiterhin Zuarbeitender für das Kunstblatt und das Literatur­blatt. Friedrichs Streben nach mehr Einfluss in der Kunstjournalistik. Gus­tav[ein weiterer, früh verstorbener Bruder, der komponierte] begegnet Franz Liszt; Friedrich reist nach Süddeutschland«(S. 638). Schon im Charakter dieser Überschriften spiegeln sich Verfahren und Vorgehen. Für eine solche Darstellungsart ist alles gleich wichtig und gleich­gewichtig. Die geschilderten Lebensläufe entfalten sich, Schritt für Schritt, in einer Unbeirrbarkeit, die etwas Absolutes hat. Das Tun und Lassen der drei Eggers-Geschwister auf die sich das Buch konzentriert, aber nicht ausschließlich beschränkt wird referiert, nicht erzählt. Hier ist nichts Er­findung, alles ist gefunden und zwar vornehmlich in der überreichen Kor­respondenz. Das Detail kann noch so geringfügig erscheinen, Beese erlaubt sich nicht, es zu unterschlagen, sei es die Weihnachtsgabe einer Zigarrenta­sche mit Stahlbügel, auf welchem mit goldenen Buchstaben»Fürst von Ahl­beck«(S. 249) für Friedrich eingraviert war, sei es die Gründung des litera­risch-engagierten Rütli-Kreises am 9. Dezember 1852, zu dem Fontane ebenso gehörte wie Adolph Menzel, Paul Heyse, Wilhelm von Merckel, Bernhard von Lepel und Wilhelm Lübke(vgl. S. 307 ff.), oder sei es die in al­len Verästelungen nachgezeichnete Leidensgeschichte des Deutschen Kunst­blattes mit seinem zeitweiligen Literaturblatt. Die Kette der Ereignisse wird Glied für Glied geknüpft, paralleles Geschehen wird parallel berichtet, die Unbestechlichkeit im Ablauf von Tagen, Wochen, Monaten und Jahren gilt. Sie ist es, die besticht und dieser Familiengeschichte einen singulären Zug verleiht. Diese unerschütterliche Konsequenz, auf die sich Beese verpflichtet hat, zeitigt ein ungewöhnliches Leseerlebnis. Unerschrocken zitiert sie wie­der und wieder lange Briefpassagen und folgt deren Wendungen und Win­dungen. So erfahren die Lesenden, dass Friedrich Eggers nach einem lan­gen Abend im Konzerthaus bei Albert Lortzings Der Waffenschmied nachts noch Geschäftsbriefe erledigte, um schon»5 Minuten nach ½ 5«(S. 638) wie­der auf den Beinen zu sein und ein Hohelied auf das Schlafen bei offenem Fenster zu singen, während schwerste, nervenzehrende Kämpfe um das Kunstblatt, mit dem der Berliner Kreis nachhaltig auf die preußische Kunst­politik Einfluss nehmen wollte, tobten. Es ist, als verbiete eine ethische Maß­gabe, Alltägliches abzutun oder ins Beiläufige zu bannen, und als sei es ernstes Gebot, Wortlaut und Sinngehalt jedes aufgerufenen Briefes zu ver­gegenwärtigen. Da mag man bei tatsächlichen und vermeintlichen Nichtig­keiten den Kopf schütteln. Doch diese Gründlichkeit zahlt sich aus, geht es um die vielgestaltigen Kontakte zu Fontane und den prominenten Freundes­kreisen oder um ein auf diese Weise bisher noch nicht dargestelltes Zeit-