Heft 
(2021) 112
Einzelbild herunterladen

Marianne Beese: Die Familie Eggers  Berbig 191 schriftenunternehmen wie das Deutsche Kunstblatt. Das sind Höhepunkte des Buches. Hier liegt sein hoher Ertrag für die Grundlagenforschung zum 19. Jahrhundert und keineswegs gering zu veranschlagen zu Fontanes Lebens- und Arbeitswelt. Gewiss, gegen die Umständlichkeit, die dieses fast erbarmungslos ver­wirklichte Vorgehen unweigerlich nach sich zieht, lässt sich viel vorbringen. Man kann die Eindimensionalität der Quellen monieren, man kann das Übergewicht von Alltagsbanalitäten beklagen, und man kann die fehlende Metaebene bedauern. Geltend machen kann man, dass eine solche Familien­geschichte zwingend integriert sein muss in sozialgeschichtliches, politi­sches und historisches Wissen, weil es sonst ›in der Luft hängt‹ und über das Ausbreiten von lebensgeschichtlichen Partikeln einzelner Menschen nicht hinauskommt. Das alles und mehr ist gegen dieses tausendseitige Buch über die Rostocker Familie Eggers im 19. Jahrhundert ins Feld zu führen. Ver­mutlich wird die Verfasserin nicken und weitere Unzulänglichkeiten auflis­ten wie vor allem die: dass die familiäre Chronik 1860 endet und doch mindestens noch bis zum Jahr 1872 hätte geführt werden müssen, dem Jahr, in dem Friedrich Eggers, der im Mittelpunkt des Ganzen steht, starb. Ein ereignisreiches Jahrzehnt im Leben der drei Geschwister, in dem die beiden Brüder nicht nur an weiterem Profil, sondern auch an öffentlicher Wirksam­keit gewannen. Und die weitergedrehte Berlin-Achse hätte zu einer nicht unbeträchtlichen Zufuhr von Wissen geführt, das der vertiefenden Kennt­nis von Fontanes Welt und der seiner Bekanntschaften überaus zweckdien­lich gewesen wäre. Aber wer auch nur einen winzigen Begriff davon hat, welche Anstrengungen und Entbehrungen diese Studie hervorgebracht ha­ben, der wird es vorziehen, Marianne Beese dafür zu danken und ihr seine/ ihre Wertschätzung dieses singulären Darstellungsexperiments nicht ver­sagen. Vor allem aber wird, wer das Buch aufschlägt und zu lesen beginnt, was das Interesse weckte, nicht so schnell mit der Lektüre aufhören. Und es nicht bereuen Roland Berbig Anmerkungen 1 Vgl. Leonore Koschnick: Franz Kugler (1808 1858) als Kunstkritiker und Kulturpolitiker. Berlin 1985. Zum Profil seiner akademischen Arbeit, das auf Eggers Einfluss hatte, vgl. Kilian Heck: Die Bezüglichkeit der Kunst zum Leben. Franz Kugler und das erste akademische Lehrprogramm der Kunstgeschichte. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissen­schaft 32(2005), S. 7–15.