Heft 
(2021) 112
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Urszula Bonter: S. Schottlaender  Möller 193 Nicht nur das Kapitel über Fontane, auch die anderen Teile des Buches sind lesenswert und zeigen die Verlagsverhältnisse im 19. Jahrhundert in einem neuen Licht. Der Band ist klar aufgebaut. Er enthält Abschnitte über den Verlagsort Breslau, den Verleger Schottlaender und seine Legende, die Ent­wicklung des Verlags sowie über die wichtigsten Verlagsobjekte und Ge­schäftspraktiken Schottlaenders. Ein umfangreicher Abschnitt ist den wichtigsten Autoren des Verlags gewidmet: Karl Gutzkow, Michael eorg Conrad, Karl Emil Franzos, Paul Heyse, Theodor Fontane, Ludwig Anzen­gruber und Paul Lindau. Im Anhang finden sich instruktive Abbildungen sowie das vollständige Faksimile des Verlagskatalogs von 1899, der zeigt, dass die Kapitelfolge über die Haupt-Autoren des Verlags noch hätte fortge­setzt werden können. Trotz der lückenhaften Überlieferung die Korres­pondenz mit den Autoren musste mühsam in den verschiedenen Schrift­stellernachlässen recherchiert werden ist Bonter eine interessante, gut lesbare Studie gelungen, die durch ihren Materialreichtum und die kennt­nisreiche und urteilsfreudige Darstellung der Autorin besticht, die als Pro­fessorin am Institut für Germanistik und am Institut für Buchwissenschaft der Universität Breslau lehrt. Ihre langjährigen Forschungen, die in zahl­reichen Beiträgen zur schlesischen Buch- und Verlagsgeschichte ihren Nie­derschlag fanden, sind diesem Band zugutegekommen. Auch über den Verlagsgründer Salo Schottlaender sind wir nun besser informiert. Er entstammte einer jüdischen Unternehmerfamilie, die in Münsterberg(Schlesien) bedeutende Ländereien besaß und durch Heeres­lieferungen während der preußischen Kriege des 19. Jahrhunderts und durch die Pacht der Karlsbader Mineralquellen reich wurde. Seit den 1860er­Jahren verlagerte die Familie ihre Tätigkeit zunehmend in die florierende schlesische Metropole Breslau. Zu den Familienunternehmen gehörten ne­ben dem Viktualienhandel eine Reederei, eine Speiseölfabrik und eine Bank. Schottlaenders Bruder Julius erwarb das prächtige Schloss Hartlieb bei Breslau und hinterließ bei seinem Tod ein Vermögen von geschätzt 30– 50 Millionen Mark. Salo Schottlaender, der ebenfalls durch seine Tätigkeit für das Familienimperium wohlhabend geworden war, kaufte mehrere Rit­tergüter, darunter Benkwitz, zu dem gleichfalls ein repräsentatives Schloss gehörte. Sein Vermögen wurde 1912 auf 3–4 Millionen Mark geschätzt. An­zengruber bezeichnete ihn daher als Krösus unter den Verlegern(S. 98). Mit einer satten Kapitalausstattung und ambitioniertem persönlichen Engage­ment hat Schottlaender sein Unternehmen aufgebaut und geführt. Es fällt auf, dass es ihm nicht gelang, die bedeutenderen Autoren dauerhaft an seine Firma zu binden. Die Konflikte und Animositäten, die diese Beziehungen belasteten und oft rasch wieder zum Bruch führten, hat Bonter feinsinnig anhand der Korrespondenz aufgezeigt. Als einen»besseren Lumpenhänd­ler«, als einen Juden, der nur»zufällig mit neuen Büchern statt mit alten