Stefania Sbarra:»Il confine, il confine. Dov’è?« Fambrini 195 Stefania Sbarra:»Il confine, il confine. Dov’è?« Theodor Fontane, Friedrich Nietzsche e il realismo tedesco. Florenz: Le Lettere 2019. 234 S.€ 20 Zentrales Thema dieses Essays von Stefania Sbarra sind die Gegenbegriffe des Zentrums: Begrenzung, Abschluss und Übergang. Es geht um das Ende des Realismus des 19. Jahrhunderts und den Übergang in die Moderne, um Fontane als letzten Vertreter des Realismus und Nietzsche, der dessen ideologische, thematische und sprachliche Grenzen aufzeigt. Diese Übergangsphase betrachtet Sbarra anhand eines räumlichen Objektes, eines architektonischen Elements, nämlich des Fensters und seiner metaphorischen Verwendung im Sinne einer Gegenüberstellung von Offen und Verschlossen, von Innen und Außen. Sbarras Studie ist mithin eine kulturgeschichtliche, insbesondere eine Geschichte der Objekte in ihrer literarischen Verwendung. Ihr Untersuchungsgegenstand ist die Prosa der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Prosa des späten Realismus, in der das Fenster ein fester Topos ist, ein zugleich konkretes und symbolisches Element, das für Öffnung und Abschließung gegenüber einer in raschem Wandel begriffenen Zeit steht. Erscheint das Fenster in der Prosa bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vor allem als»ein höchst empfindliches architektonisches Element, auch abgesehen von seiner auffälligsten Eigenschaft, von einem Rahmen umgeben zu sein«(S. 10), so gewinnt es nunmehr vorwiegend die Funktion eines Verbindungsgliedes zwischen Außen und Innen. Diesen Prozess beschreibt Sbarra sehr eindrucksvoll in der Einführung zu ihrem Essay(»›Meno Luce!‹ [Weniger Licht!] Un’introduzione«, S. 9–27), in der sie sich unter Anwendung verschiedener kritischer Methoden mit der Sekundärliteratur auseinandersetzt, von den bereits klassischen semiologischen Interpretationen Marianne Wünschs und Michael Titzmanns bis zu jüngeren Arbeiten wie der Milena Bauers über den Stadt-Land-Gegensatz bei Fontane( Die Landpartie in Romanen Theodor Fontanes, 2018). Sbarra umreißt zunächst eine Phänomenologie des Objekts Fenster, die sich auf die Reflexionen Gérard Wajcmans( Fenêtre. Chroniques du regard et de l‘intime, 2004) und, in engerer literarischer Hinsicht, auf die Jean Starobinskis stützt( Fenêtre[de Rousseau à Baudelaire], 1983; in Regards sur l‘image, 1984). Berücksichtigt wird dabei auch Gaston Bachelard, der in seiner Poétique de l‘espace(1957) das Fenster als Grenze zwischen dem Selbst und der Welt beschreibt –»surface qui sépare la région du même et la région de l‘autre« –, eine Grenze aber, die doch Ein- und Ausblick und den Austausch zwischen Innen und Außen erlaube. Durch diesen theoretischen Teil ihrer Arbeit bereitet Sbarra den Boden für eine historische Betrachtung vor, die der Wahrnehmung des Fensters im späten 19. Jahrhundert gilt. So sieht sie in Cornelius Gurlitts 1888 erschienenem Im Bürgerhause. Plaudereien
Heft
(2021) 112
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