Heft 
(2022) 113
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36 Fontane Blätter 113 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte ser Zettel vor Augen.»Ich setzte mich dann an den Bericht den ich Klaatsch versprochen habe«, heißt es am 8. November 1870.»Ich danke Dir für die erhaltenen Wzz. Sie waren mir nützlich[]. Es ist lästig, dasselbe 2mal zu formulieren; es gelingt das erstemal oft am besten.« 10 Die fließende Grenze zwischen privaten und ›offiziösen‹ Berichten, die ein latenter Wesenszug der»Wochenzettel« sind, spiegelt sich in den au­thentischen Dokumenten, die sie beinhalten. Eggers verwendet regelmäßig Rückseiten von Briefen Hochgestellter oder ministerielle Empfehlungs­schreiben etc. für die eigene Notierung ganz so, als wolle er damit den mecklenburgischen Verwandten einen Begriff von der eigenen Bedeutung vermitteln, sublim versteht sich. 2 Über die Geschichte von Fontanes Gefangennahme ist die Forschung gut unterrichtet. Dass sie zum Nachreisen und Neuerzählen reizt, spiegeln jüngste Studien. 11 Bezeugte Sätze und mutmaßliche Szenen sind Stoff genug für Novelle oder Schauspiel, wenn nicht gar für Kriminalistisches. Die Such­aktion, in der Friedrich Eggers Hauptakteur war, bildet dabei, mag sein, nicht viel mehr als einen Nebenstrang. So hat ihn Fontane selbst auch be­handelt. Kaum war die größte Gefahr gebannt, war er an die literarische Verwertung des Erlebten gegangen, die Umwertung einschloss. Schriftstel­lerisch erfahren, wie er längst war, legte er seinen Bericht als eine Mixtur von belegbaren Dokumenten und zurechtgelegter Erzählung an. Friedrich Eggers taucht dabei kaum mehr denn als eine Randfigur auf, deren Befreun­dungen der Kriegsgefangene mehr zu verdanken hat als ihr selbst. Das ist auszublenden und hier nicht von Belang. Die Mixtur an Kriegsbildern, die Eggers´ Feder entsprang, hatte mit dessen Stellung im politischen und kulturellen Leben der preußischen Hauptstadt zu tun. Ohne bis dato selbst einen gehobenen Rang in Akademie oder Ministerium erreicht zu haben erst im Mai 1872 sollte er zum Leiter der preußischen Kunstangelegenheiten im Kultusministerium berufen werden, pflegte Eggers einen soziale Schranken überschreitenden Ver­kehr und hatte Bekanntschaften(meist ›landsmannschaftlich‹ eingefärbt) bis in die höchsten Ebenen. So kam er, wie der entsprechende»Wochenzet­tel« vermeldet, am 15. Oktober 1870 geradewegs von einem Geburtstags­mittagsmahl bei Max Duncker , Direktor des Preußischen Staatsarchivs und Mitautor der Verfassung des Norddeutschen Bundes. Ihn hatte Eggers be­reits in den fünfziger Jahren näher kennengelernt. 12 Bei jenem Essen war Duncker an Eggers herangetreten und hatte ihn gefragt, ob er bereit sei, den nächsten nach Metz und Paris gehenden Laza­rettzug zu führen. Seine Zustimmung hatte unmittelbare Konsequenzen und diese Konsequenzen führten zu den Niederschriften: