Heft 
(2022) 113
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92 Fontane Blätter 113 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte gen zu einem bejahrten Grafen Haldern steht. Ein Neffe des Letzteren, ein junger Graf Haldern , welcher aus dem Kriege 1870/71 siech heim­kehrte und ein ruhiges, bescheidenes Dasein lebt, verliebt sich in die stil­le, von der Schwester grundverschiedenen[sic] Stine und will sie heira­ten. Sie weist ihn ab, trotzdem sie ihn liebt; ihr klarer Sinn erkennt, daß der junge Graf den Folgen seines hochherzigen Schrittes nicht gewach­sen ist. Freiwilliger Tod des jungen Grafen schließt die Handlung ab. Die Erzählung wirkt gerade durch die Vereinigung des trockenen Berliner Humors, welcher die Pittelkow und den alten Grafen auszeichnet, mit der sentimentalen Anschauungsweise, die Stine und ihren gräflichen Vereh­rer erfüllt. Daß Th. Fontane in der Wiedergabe des alten Berlinerthums bis jetzt einzig dasteht, beweist dieses Werk aufs Schlagendste, das sei­nes fesselnden Inhalts halber bald in Aller Hände sein dürfte. 20 Ab 1891 war Theodor Fontane in Pressburg vor allem durch die Deutsche Rundschau präsent, der»edelsten literarischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Zielen zustrebenden Zeitschrift« 21 die es, wie es hieß, dar­auf verstehe,»sich ihren Rang als leitende deutsche Monatsschrift zu be­wahren«. 22 So zumindest wurde die Deutsche Rundschau von der Redakti­on der Preßburger Zeitung beworben, in einem Atemzug mit Fontanes Fortsetzungsroman Unwiederbringlich. Schon bei seinem ersten Teil hieß es:»Eine Fülle wechselvoller Anregungen gewährt uns wieder das Feb­ruarheft der Deutschen Rundschau, aus dessen reichem und gediegenem Inhalt wir hauptsächlich hervorheben: Unwiederbringlich. Roman von Theodor Fontane .« 23 Zwei Monate später wurde wieder explizit auf den »ungemein interessanten Roman Theodor Fontane´s : ›Unwiederbringlich‹« hingewiesen. 24 An den meistens zwar ziemlich knapp, aber immer in Superlativen ver­fassten Verweisen auf Theodor Fontane in der Literatur-Rubrik der Preß­burger Zeitung lässt sich auch später seine Zusammenarbeit mit der Deut­schen Rundschau verfolgen. Das Jahr 1892 gehörte selbstverständlich dem »prächtigen« Roman»Frau Jenny Treibel oder: ›Wo sich Herz zum Herzen find´t‹«, der»ein Stück echten Berliner Lebens wiederspiegelt« und»wegen seiner fesselnden Handlung, seiner scharfen Charakteristik und geistvollen Sprache[] in lobender und anerkennender Weise« empfohlen wurde. Ein Jahr später hieß es wiederum zum Inhalt der Deutschen Rundschau: »[U]nter dem Titel:»Aus dem Riesengebirge « erhalten wir von Theodor Fontane drei fein empfundene Geschichten, die uns diesen altbewährten Meister der Erzählungskunst auf seiner Höhe zeigen.« 25 Den lobenden Hö­hepunkt bildete jedoch 1895 der Roman Effi Briest :»[D]ies Werk erweist sich bis zu seinem Ende als eine der tiefsten und eigenartigsten Ro­manschöpfungen, die in unserer Zeit überhaupt entstanden sind.« 26 Ein Jahr später verwies man in der Preßburger Zeitung auch auf Fontanes Arti­kel Der Tunnel über der Spree. Aus dem Berliner literarischen Leben der