Heft 
(2022) 114
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122 Fontane Blätter 114 Dossier: Fontanes Fragmente deportiert, am 15. Mai 1944 nach Auschwitz gebracht, wo er ermordet wur­de. 12 Was aus seiner Autographensammlung geworden ist, ließ sich nicht in Erfahrung bringen. Einzelne Blätter daraus sind gelegentlich im Handel zu finden, darunter ein Albumblatt, das Karl Frenzel am 9. Dezember 1895 für Alois Fantl geschrieben hat. Es wird momentan von einem Wiener Anti­quariat angeboten:»Denke wie hienieden Alles/ Sich auch wandelt ohne Ruh/ Deines Sieges, Deines Falles/ Tiefstes Element bist du«. 13 6. Am 16. März 1895 wendete sich Fontane »in großen Buch- und Wissens­nöten« 14 an Friedrich Holtze und bat diesen für sein Schreibprojekt über die Likedeeler um Auskünfte. Das Schreiben Holtzes, von dem in St. 6 nur der Schluss überliefert ist, war offenbar die Antwort auf dieses Ersuchen. Am 22. März 1895 teilte Fontane Holtze seine konkreten Literaturwünsche mit und bezog sich dabei auf dessen hier teil-abgedrucktes Schreiben. 7. Am 3. April 1895 las Fontane in der Zeitschrift Die Gegenwart die Ant­worten auf eine internationale Umfrage der Redaktion über Bismarck, dar­unter Zuschriften von Alphonse Daudet , Herbert Spencer , Georg Brandes , Ernst Haeckel , Moritz von Egidy , Bertha von Suttner , Max Nordau , Anton von Werner , Klaus Groth , Paul Heyse , Friedrich Spielhagen , Julius Wolff , Adolf Wilbrandt , Felix Dahn , Hans von Hopfen und Karl Emil Franzos . 15 Über die Stellungnahme des polnischen Schriftstellers Henryk Sienkiewicz (1846–1916), der später mit seinem Roman Quo vadis weltberühmt wurde, schrieb Fontane am selben Tag an Gustav Karpeles , der Sienkiewiczs State­ment übersetzt hatte:»Es ist nicht blos das weit weitaus Bedeutendste und Richtigste, was über Bismarck gesagt worden ist, auch wohl je gesagt wer­den wird, es ist überhaupt das Bedeutendste, was ich von Erfassung einer historischen Persönlichkeit je gelesen habe, die berühmtesten Historiker nicht ausgeschlossen. Ich bilde mir ein, ihn, Bismarck nach zahllosen klei­nen und großen Zügen ganz genau zu kennen, und bin voll heller Bewunde­rung, daß ein Fremder ihn so treffen konnte. Das ist dichterische Intuiti­on.« 16 Karpeles schickte diesen Brief tatsächlich umgehend in wortgetreuer Übersetzung an Sienkiewicz , der sich am 4. Mai 1895 bedankte. Allerdings war Karpeles über dieses Schreiben so enttäuscht, dass er es Fontane nicht einmal zeigen konnte. Sienkiewicz hatte nachgefragt, wer»von den greisen Meistern der deutschen Literatur « 17 sich so freundlich über ihn geäußert hätte. Da Karpeles Fontanes Brief vollständig übersetzt hatte, musste er schlussfolgern, dass Sienkiewicz entweder nicht gründlich gelesen hatte oder Fontane überhaupt nicht kannte. In seinem Aufsatz Theodor Fontane und Henryk Sienkiewicz stellte Karpeles diese Anekdote zehn Jahre später ausführlich dar. Auch Sienkiewiczs Beitrag über Bismarck ist dort noch einmal abgedruckt wie der Brief Fontanes an Karpeles vom 3. April 1895, hier allerdings irrtümlich unter dem Datum 13. April 1895. Außerdem ent-