128 Fontane Blätter 114 Dossier: Fontanes Fragmente ihm schwierig wäre sich mit ihm auszugleichen, und dass unsere Künstler, und unsere Schriftsteller, weil sie es mehr als nöthig bewundert haben, schon zu sehr aus ihrer natürlichen Bahn abgelenkt sind. Sogar der Einfluss meines ruhmreichen Meisters Richard Wagner war auf unsere Musiker ein abscheulicher. Unsere Maler haben die Farbe verlernt: in der Provence , in Corsica malen sie grau, wie wenn sie in ihren Augen den Nebel von Bremen hätten. Und was die französische Sprache betrifft, sehn Sie, welches vernebelte und entfärbte Kauderwelsch man daraus zu machen auf dem Wege ist. Der deutsche Einfluss braucht wirklich unsere Ermuthigung nicht. Unsere Boulevards sind nunmehr nur noch eine Reihe von Wirthschaften, unsere Tabakhändler zieren ihre Schaufenster mit anzüglichen Bildern, wie ihre rechtsrheinischen Collegen; und die Mädchen selbst fangen in Moulin Rouge an, sich mit einer berliner Plumpheit und Geschmacklosigkeit zu kleiden; wenigstens war es vor drei Jahren so, als ich zuletzt die Gelegenheit hatte, sie zu sehn. Uebrigens bin ich überhaupt der Meinung, dass nie eine Nation daran gewonnen hat, mit einer anderen zu emsige Beziehungen zu pflegen. Wenn man zu Hause bleibt, kann man das Glück haben, sein Haus gut zu kennen und sich darin zu gefallen. Es war oft meine Aufgabe, dem fran zösischen Publikum Menschen und Werke aus fremden Ländern vorzuführen: aber ich erinnere mich nicht, sie je anders denn als Merkwürdigkeiten vorgeführt zu haben, indem ich immer sorgfältig darauf aufmerksam machte, dass sie nicht bei uns zu Hause seien, und dass wir besseres zu thun hätten als sie nachzuahmen. Ich glaube, dass, wenn wir uns einige Wochen hindurch mit Herrn Strindberg und Herrn Sudermann unterhalten konnten, wir im Stande sind, in Frankreich ebenso willkommene Meister zu entdecken, welche noch dazu unsere Sprache sprechen; und wenn diese unserem Drang nach Neuheit nicht genügen, werden wir immer den Ausweg haben, ohne Frankreich zu verlassen, die Dichter der Provence Aubanel, Roumonille und Herrn Mistral zu entdecken. Ihre Werke werden uns eher an das erinnern, was der deutsche Einfluss im Begriff ist, uns vergessen zu lassen: die Wichtigkeit des Lichtes, den Reiz der Farbe, und die Vollendung eines schönen Styles. 27 14. Seinen Brief vom 21. Februar 1895 an Julius Rodenberg nutzte Fontane , um ein Kompliment über dessen Erinnerungen an Anton Rubinstein nachzuholen. 28 Der Herausgeber der Deutschen Rundschau berichtete darin u. a. über eine Tafelrunde mit John Everett Millais und Lawrence Alma-Tadema und deren Frauen, bei der sich Euphemia Chalmers Gray (1828–1896) offenbar auf einem Roundrobin mit ihrem Rufnamen Effie einschrieb. 29 Die Tochter des schottischen Rechtsanwalts George Gray war zweimal verheiratet. Ihre erste Ehe mit John Ruskin wurde wegen Nichtvollzugs annul-
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(2022) 114
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