Diesen schwachen Trost gab Fontane seiner Frau in einem Geburtstagsgedicht Mit neuen Pfropfen. Die zweite Strophe lautet:
„Es läßt sich nichts erklopfen -
Der eine hat den Wein,
Der andre hat die Pfropfen,
Man muß zufrieden sein."
Aber Emilie, wie wir wissen, war nicht zufrieden, und wir können sie verstehen. Mit dieser passiven Haltung, lieber Fontane, können wir dir keine Gesellschaft gründen. Diese Haltung paßt nicht in unsere Zeit, wir müssen uns alles er- klopfen können. Darum müssen wir die, die das Geld haben, dazu überreden, es in den bisher noch leeren Beutel unserer Gesellschaft fließen zu lassen. Ich muß Ihnen gestehen, daß ich selber wenig von Wirtschaftspolitik verstehe. Ich bin leider für unsere Zeit zu einseitig literarisch orientiert. Aber ich habe in dem letzten Jahrzehnt unter Mrs. Thatcher einiges gelernt. Manchmal etwas unwillig. Aber wir müssen jetzt auch in unseren englischen Universitäten Marktwirtschaft betreiben und verkaufen lernen. Goethe und Schiller oder Fontane, ja selbst Brecht und Kafka lassen sich nur schwer allein verkaufen. So müssen wir auch Wirtschaftsdeutsch lehren oder Literaturstudien mit Managementstudien verbinden. Wir leben in einer consumer society, und unsere Studenten, die consumers, verlangen jetzt das Deutsch der stärksten europäischen Wirtschaftsmacht zu lernen, nicht nur das Deutsch des Landes der Dichter und Denker.
Wir müssen mit den Zeiten gehen. Wie also stellen wir unsere Fontane Gesellschaft auf die Beine? Wir müssen investieren, heißt es immer. Ich bekomme fast täglich mit der Post Aufforderungen zu investieren. Früher bekam ich Bücherkataloge. So ist meine Losung also: Investieren wir in Fontane. Damit wir aber kein Risiko eingehen, brauchen wir einen Schutzpatron für die Fontane Gesellschaft. Ich will dem künftigen Vorstand nicht vorgreifen, der vielleicht einen leibhaftigen Schirmherrn oder eine Schirmherrin finden wird. Ich denke jetzt nur an einen fiktiven, eine Gestalt aus Fontanes Romanen. Natürlich kommt uns zuerst der alte Stechlin in den Sinn. Nicht nur, weil er einer der liebenswertesten Gestalten unserer Literatur überhaupt ist, sondern weil man in ihm schon früh ein Ebenbild des Dichters selbst gesehen hat. „ Sah man ihn", - so sprach Lorenzen am Grabe des alten Stechlin — „so schien er ein Alter, auch in dem, wie er Zeit und Leben ansah; aber für die, die sein wahres Wesen kannten, war er kein Alter, freilich auch kein Neuer. Er hatte vielmehr das, was über alles Zeitliche hinaus liegt, was immer gilt und immer gelten wird: ein Herz. Er war kein Programmedelmann, kein Edelmann nach der Schablone, wohl aber ein Edelmann nach jenem alles Beste umschließenden Etwas, das Gesinnung heißt. Er war recht eigentlich frei." Auch wir sehen vor allem das überzeitlich Menschliche in Dubslav von Stechlin. Aber nach den fast hundert Jahren, die vergangen sind, sehen wir in ihm doch mehr einen Alten, der wohl nicht in 10