Heft 
(1991) 51
Seite
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Am Ufer Werft und Schilf und Rohr,

Und am Abhange schimmern Kreuze hervor.

Auf eines fällt heller Sonnenschein, - Da hat mein Vater seinen Stein.

Die Fontane Gesellschaft wird sich um die Fontane-Stätten kümmern müssen. Ich las neulich, daß 200 000 Menschen jährlich in die kleine Stadt in den York- shire Moors pilgern, wo das Pfarrhaus steht, in dem die Bronte-Schwestern ge­lebt haben. Mancher von Ihnen wird Jane Eyre und Sturmhöhe kennen. Gott bewahre uns vor so vielen, es verursacht viele Probleme, und was würden die Letschiner sagen? Aber ein paar hundert sollten es doch sein, die dorthin pil­gern oder ein paar tausend.

Doch endlich zurück zum Schutzpatron. Der alte Stechlin kommt nicht in Frage. Und sein Pastor Lorenzen, der schon klarsichtiger ist und dem wir das schöne Zitat auf der Einladung verdanken, auch nicht, denn er will im Stillen walten, und wir wollen uns ausbreiten und ins Weite wirken.

Wie wäre es mit van der Straaten? Er paßt besser in unsere Zeit. Er war, wie Sie wissen, einer der vollgültigsten Finanziers der Hauptstadt Berlin. Inzwi­schen ist Frankfurt zur Börsenstadt Deutschlands geworden. Kennen Sie viel­leicht einen van der Straaten an der Frankfurter Börse? Denn einen solchen Mäzen brauchten wir. Und doch zögere ich, ihn als unseren Patron vorzuschla­gen. Er war zwar auch ein an Kunst interessierter Mensch, kaufte eine Kopie von Tintoretto und liebte Murillos Madonnen. Aber leider aus etwas taktlosen Gründen, und er genoß mehr ein geschäftliches Ansehen als ein persönliches. Obwohl er an der Börse bedingungslos galt, so in der Gesellschaft nur be­dingungsweise. Das können wir uns natürlich nicht leisten, und so kommt auch er nicht in Frage.

Wie wäre es mit Kommerzienrat Treibel. Auch ein Industrieller, ein Geschäfts­mann und wohl ganz integer; ein erfolgreicher Entrepreneur, wie unsere Zeit es erfordert. Er hätte vielleicht etwas für unser Unternehmen übrig, obwohl er sich kaum über Kunst und Literatur äußerte. Das überließ er seiner Frau. Das würde uns nichts ausmachen, denn er war sonst sympathisch und wohlange­sehen. Wäre er nur bei seiner Fabrik und der Herstellung von Blutlaugensalz und Berliner Blau geblieben, aber er hatte auch politischen Ehrgeiz, was ihn in eine falsche Gesellschaft führte. Mit dem Gespenst seines Agenten Vogelsang und den beiden alten Damen, der Ziegenhals und dem Fräulein von Bomst, können wir unmöglich unsere Gesellschaft gründen. Ich sehe mich weiter unter den männlichen Charakteren um. Die meisten von ihnen sind liebenswürdige Menschen, vielleicht mit Ausnahme von Innstetten, der jedoch sicherlich ein guter Administrator war und nicht unbedingt ein Ekel, wie Fontane uns ver­sichert. Doch würden die weiblichen Mitglieder der Fontane Gesellschaft ihn völlig ablehnen, denn wir wissen es von Effi er war ohne rechte Liebe. Aber wie wäre es mit dem alten Briest, höre ich Sie fragen. Auch er liebens-

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