sie politisch meist umstritten. Sie wurden wirkungsvoll in Szene gesetzt, machten den beabsichtigten Eindruck und sind der bevorzugte Gegenstand des Interesses geblieben,, das der Festkultur der Zeit in wachsendem Maße entgegengebracht wird. 4 Nicht so die ausgeprägte, aber unscheinbare vereinsinterne Festkultur, die von Glück sagen kann, wenn sie vereinzelt ins Blickfeld volkskundlicher oder lokalhistorischer Forschungen gerät. Auch die Festlichkeiten des Tunnel haben nicht viel Beachtung gefunden. 5
„Zwei prinzipielle Möglichkeiten des Festes bestehen seit je nebeneinander: die Aufhebung des Alltags ins Überzeitliche, der Vergänglichkeit und Nichtigkeit des irdischen Lebens zumindest scheinbar Dauer Verleihende - oder die geradezu entgegengesetzte Wendung in den normsprengenden, karnevalesken Rausch. Für beides, für Ritus und Rausch, für hohes und niederes Fest, existieren zahlreiche Formen, und manchmal begegnen sie einander." 6 Diese existenziellen Dimensionen waren den Tunnelgefährten und ihren Festen fremd. In der lebenspraktischen Sphäre, wo sie sich bewegten, orientierten sie sich jedoch mit einer Selbstverständlichkeit, die verblüffend ist, an den beiden grundsätzlichen Möglichkeiten des Festes, die auch in den rudimentären, zivilisierten und aufs Biedermeierliche herabgeschraubten Formen der Eulenspiegel- und der Stif tungsfeste des Tunnel noch wiederzuerkennen sind.
Gleich 1828, wenige Monate nach der Gründung, schritt man das erstemal zur Karnevalsfeier, um im nächsten Jahr bereits „das am Faschingsdienstage zu feiernde Geburtsfest unseres Patrons" 7 zu begehen. Und während sich die „Sonntagsgesellschaft' von 1827/28, wo „sich Alles in ein Kleid fröhlicher Thor- heit hüllte, ja bis zur Unkenntlichkeit verhüllte, und in luftigen Scherz verlor"’, rasch zum seriösen und nach außen hin leisetretenden „Sonntagsverein" von 1835 mauserte, erhielten sich in den Eulenspiegelfesten Reste von dem, was ursprünglich einmal als burleske Alternative zu den philiströsen Zügen des sonstigen literarischen Vereinswesens gedacht war.
Bedeutungsvoller waren aber die Stiftungstage, die im Unterschied zu den hier beiseite bleibenden poetischen Konkurrenzen keine Spezialität des Tunnel darstellten. In den Berliner Blättern stößt man damals häufig auf Hinweise, aus denen hervorgeht, daß diese Veranstaltungen im Dasein der Vereine ihren festen Platz einnahmen. Das hatte seine funktionellen Gründe. Indem das Stiftungsfest die Teilnehmer über den Vereinsalltag erhob, der zugleich in den obligatorischen Jahresrückblicken sehr wohl zu seinem Recht kam, vermochte es die Mitglieder in ihrem Zusammenhalt und ihrer Aktivität zu bestärken und zur Sympathiewerbung im Umfeld beizutragen. Es vergegenwärtigte und erneuerte die Tradition des Vereins, dessen Gemeinschaft dadurch eine Art Wiedergeburt erfuhr.
Ob solche Konsolidierungs-, Aktivierungs- und Werbeeffekte wirklich eintraten, hing von den Umständen ab. Die Geschichte des Tunnels kennt ganz kümmerliche und höchst opulente Stiftungsfeste. 1850 beispielsweise, als der Verein noch in der Existenzkrise steckte, in die ihn die Revolution versetzt hatte, reichte es nur auf einen „Fest tunnel, der den gewöhnlichen T unnel-V er Sammlungen so ähnlich sah wie ein Ei dem andern.' 9 Zwar schloß sich wie alle Jahre
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