siern zuging, die in einigen Gebieten unter einer fürchterlichen Hungersnot litten.
Auch dies ein Stück Kulturgeschichte nicht zuletzt des preußischen Gardeoffiziers.
Vgl. Vossische Zeitung Nr. 24, 25, 29, 33, 34, 37 vom 29. Januar bis 14. Februar 1848 und Nr. 46 vom 24. Februar 1848. Lepels Prolog in Nr. 25.
Marc Thuret, Paris
Patriotische und politische Dichtung im Tunnel um 1848
Die namen- und brotlosen Dichter, die dichtenden Journalisten, die dilettieren- den Beamten und Offiziere, die sich allsonntäglich im Berliner Tunnel über der Spree versammelten, bildeten vor der Revolution eine vom Zeitgeist seltsam unberührte Gesellschaft. In der Tunnelproduktion dieser Zeit sucht man vergeblich nach einem Echo der Freiheitsschwärmerei und des deutschen Nationalismus des Vormärz. Der Tunnel kapselt sich gegen Umwelt und Zeitgeist ab. Seine Statuten verbieten politische Themen. Sie werden in allen Besprechungen, Beurteilungen und Protokollen sorgfältig gemieden. Zeitkritik äußert sich, wenn überhaupt, in diskreten Anspielungen. Als reine Musendiener verabscheuen die Tunnelmitglieder jede Abhängigkeit von „der Partei" - da stehen sie eindeutig auf einer „höheren Warte". Sie lehnen außerdem jede Mode ab, worunter sie auch Abhängigkeit von Buchmarkt, Publikums- und Kritikergunst verstehen. Der Tunnel ist alles zugleich: Dichterkreis, Kritikerrunde und Publikumsersatz. Man genügt sich selbst. Was Wunder, wenn der Verein der Entwicklung der Geschichte und der Kunst ein wenig hinterherhinkt? Die Tunneldichter verfassen romantische Balladen, historische Gedichte und Dramen oder mythologische Allegorien im Geschmack des humanistisch gebildeten Bürgers. Der literarische Eifer verstellt den Blick auf das, was außerhalb des Kreises vorgeht. Die 48 er Revolution überrascht seine Mitglieder vollkommen. Sie sind ahnungslos und unvorbereitet. Der Verein tritt bis zum Herbst nicht mehr zusammen. Als seine Mitglieder sich wieder versammeln, bemühen sie sich, den alten Faden fortzuspinnen und den alten Grundsätzen treu zu bleiben.
Inzwischen ist jedoch die politische Unschuld verloren, denn mancher Tunnelbruder ist 1848 in Geist und Schrift auf die Barrikade der Gegenrevolution gestiegen, für Königtum, für Preußentum und Reaktion - ein meist spontanes Engagement, das sich seines parteipolitischen Charakters kaum bewußt war, das jedoch unvermeidliche Spuren in den „Spänen" hinterließ, die nun im Tunnel fielen. Hatte sich der Sonntagsverein von den revolutionären Ereignissen in einen Klub engagierter Parteidichter verwandeln lassen?
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