schließt ein Fragenkomplex an, der sich auf folgende Probleme orientiert: Welchen Anteil hat die Frau am sozialen Aufstieg des männlichen Pendants? Wie geht die weibliche Problemhaltung, die aktuelle, ökonomische und soziale Situation in die Figuren ein, und wie wird dies künstlerisch umgesetzt? Wie wandeln sich bestimmte literarische Stereotype? Kommt es zu einer positiven Präsentation des weiblichen sozialen Aufstiegs, und wie stellen sich zu diesen Fragen vor allem Autorinnen?
Kübler gelingt es, dieses vielschichtige Problemfeld in eine logische Untersuchungsstrategie einzufügen. Die Einleitung widmet sich den sozialgeschichtlichen Hintergründen des Problems, wobei bereits hier interessante Ansätze für die einzelnen Werkinterpretationen des zweiten Teiles der Arbeit geliefert werden. Das trifft vor allem auf die Anmerkungen zu Theodor Fontanes »Frau Jenny Treibel' zu. Ausgehend von der Feststellung eines sich erweiternden Abstandes zwischen Kleinbürgertum und Großbourgeoisie im Kontext der sogenannten Gründerzeit beläßt es Kübler nicht nur bei der Benennung der Phänomene sozialer Differenzierung als Resultat gründerzeitlichen Spekulationsrausches, sondern sie wendet ihr Augenmerk auch dem vor allem im Umfeld der Postmoderne so stark diskutierten Begriff der Repräsentation zu und untersucht ihn näher. Repräsentation und Autorität werden in einen plausiblen Zusammenhang mit Baustil, Wohnkultur und den Formen der Geselligkeit gebracht und auf ihre künstlerische Artikulation untersucht (S. 4). Diffizil wird von Kübler nachgezeichnet, wie sehr sich mit der Veränderung der sozialen Rolle der Frau auch deren .Autoritätsbereiche' (S. 5) verlagern. Leider kommt es in der Untersuchung nicht zu einer Darstellung, wie sich daraus folgernd auch die Zeichensysteme von Autorität und Repräsentation verändern. Damit benennen wir gleichzeitig ein Desiderat der Forschung, dessen Ausfüllung noch bevorsteht.
In den folgenden Abschnitten I bis V werden die in der Einleitung dargebotenen Ansätze in einzelnen Werkinterpretationen aufgegriffen und weitgehend verfolgt. Das Spektrum der interpretierten Texte wurde von der Verf. möglichst breit gefächert. Es ist an den Eckpunkten durch Eugenie Marlitts »Goldelse" und Theodor Fontanes »Frau Jenny Treibel" wohl einsehbar deutlich markiert. Dadurch gelingt es Kübler folgerichtig, den gesamten Variantenreichtum möglicher sozialer Aufstiegsmotivationen wie die Vielfalt der Wege sozialen Aufstiegs der Frau in der Literatur des 19. Jahrhunderts transparent zu machen. Einer eindeutig negativen Wertung werden dabei die Texte der - wir sind uns der Problematik einer solchen Begriffsbildung bewußt - Trivial- bzw. Massenliteratur unterzogen. In bezug auf den Roman der Marlitt erfolgt eine differenzierte Analyse der Milieuschilderungen (S. 12) und der ihnen inhärenten »verschleiernden Funktion' (S. 12), so daß der Text von der Verf. vor allem als «Variation über das Thema Klassenkompromiß' (S. 16) gelesen wird, als »Soziologie der Gartenlaube' (S. 17) und als »Mythos' (S. 18). Wird in Marlitts Romanen der soziale Aufstieg durch Einheirat in Gang gesetzt, so ist in Gabriele Reuters »Glück und Geld' der entgegengesetzte Typus ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt: hier wird die Unsinnigkeit des sozialen Aufstiegs
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