Heft 
(1991) 51
Seite
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Storm klar einer im 19. Jahrhundert ausgeprägten Tradition an, die vor allem in der Bibel- und Jesusforschung sich aus rationalistisch-humanistischer Sicht zum Ziel setzte, die Verwandlung geschichtlicher Personen und Vorgänge in Mythen und Geheimnisse zu beleuchten.'

Hiroyuki Tanakas Arbeit »Theodor Storm und die Musik des 19. Jahrhunderts' - sie lag den Teilnehmern des Symposions nur als Manuskript vor, da der Autor verhindert war - ist in der Hauptsache eine Zusammenfassung älterer Untersuchungen und ihrer Ergebnisse. Mit Bezug auf einen Aufsatz aus dem Jahre 1914 wiederholt der Autor die Auffassung, StormsWagnerbegeisterung" seihöchst begrenzt' gewesen und wohl über die Vorliebe für den Brautchor ausLohengrin' und Wolframs Lied an den Abendstern ausTannhäuser" nicht hinausgegangen. Hier muß ein Fragezeichen gesetzt werden; denn von seinem letzten Berliner Aufenthalt hat Storm Ende April 1884 an Freund Schleiden geschrieben, daß er, zwei Strunden nach seiner Ankunft in der deutschen Hauptstadt, als Gast des Generalintendanten Botho von Hülsen eine Auffüh­rung derWalküre" mit Albert Niemann als Siegmundgenossen" habe. Das aber deutet nicht eben auf ein Verharren Storms immusikalischen Bieder­meier". - Auch die Aufzählung der Vertonungen Stormscher Gedichte bedarf der Ergänzung. So hat, zum Beispiel, auf einem interdisziplinären Studenten­kolloquium der Berliner Humboldt-Universität im Juni 1988 Sebastian Klotz u. a. auf zwei verschiedene Kompositionen des GedichtsSchließe mir die Augen beide' von Alban Berg (1900 und 1925) aufmerksam gemacht.. - 1 Aus dem Rahmen der allgemeinen Thematik fällt der Beitrag des Rezensenten: Brauchen wir eine ,Storm-Philologie'?' Er korrespondierte mit den im Rah­men der Husumer Storm-Ehrung, jedoch außerhalb des Symposions vorgetra­genen und - wie auch Brian Coghlans Festvortrag - an anderer Stelle 2 publi­zierten Berichten von Dieter Lohmeier und Karl Ernst Laage über die von ihnen herausgegebene Centenarausgabe von Theodor Storms sämtlichen Wer­ken. Ein Postulat am Schluß meines Referats ist auch durch die (im Deutschen Klassiker Verlag erschienene) neue Studienausgabe 3 nicht gegenstandslos ge­worden und sei deshalb hier wiederholt: Es wäre zu wünschen, daß wenigstens einige der wichtigsten Werke Theodor Storms historisch-kritisch, d. h. mit einer lückenlosen Dokumentation der überlieferten Varianten ediert werden.

Am Ende des vorliegenden Bandes sind vier Berichte abgedruckt, die über die Storm-Forschung und Storm-Rezeption in den USA, in Japan, in China und in der UdSSR informieren. Zum Teil handelt es sich dabei um Ergänzungen und Präzisierungen von früheren Referaten zur internationalen Wirkung der Werke Storms. 4 Aus den neueren Ausführungen von Tanaka und Wang ist zu erfah­ren, daß in Japan das Interesse für Storm zwar etwas zurückgegangen, die Forschung jedochviel aktiver als vor 1967" geworden ist, während in China der Dichterimmer mehr Leser gewinnt, vor allem unter den städtischen Ju­gendlichen'. Einen interessanten Überblick über die Geschichte der Storm- Kezeption in den USA gibt Bernd, indem er die Ursachen für den Interessen­wandel - vonImmensee' überAquis submersus' zumSchimmelreiter' - benennt. Informationen über einige neuere wissenschaftliche Arbeiten verbin-

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