Fahrten in die Mark ermuntern. Zur besseren Übersicht sind Ortsverhältnisse sowie Karten mit den deutlich hervorgehobenen Zielen der Streifzüge beigegeben.
Was Stiege bei seinen Tagesausflügen noch nicht ahnen konnte: Nach der politischen Wende können noch viel mehr Berliner grenzenlos reisen. Ihnen kann er nun bei Ausflügen in die Mark Schrittmacher und Augenöffner sein.
Seine besondere Vorliebe - das zeigen vor allem Band I, III und IV - gilt Potsdam und dem Havelland. Knapp ein Drittel der Streifzüge führt in diese Richtung. Von den anderen historischen Landschaften sind Barnim, Lebus, Niederlausitz, Prignitz und Ruppin gut verteten, Uckermark, Beeskow-Stor- kow, Teltow, Jüterbog-Luckenwalde und Zauch-Belzig dagegen etwas unterrepräsentiert. Gleich im ersten Beitrag wird mit Werder ein klassisches Berliner Ausflugsziel angesteuert. Die Aussicht von der Friedrichshöhe weit über Seen und Wälder zeigt: Die Schönheit des Havellandes ist geblieben. Daneben freilich kommt es angesichts einer bedauerlichen Gaststättenmisere zu wehmütigen Erinnerungen an die Zeit, da Werder das Mekka der Berliner und auch entsprechend dafür eingerichtet war. Klabund und Erich Kästner kommen zu Wort. Das Entstehen des Obstanbaugebietes wird skizziert. Ähnlich wird im n ächsten Kapitel über Caputh die Historie herauf geholt und mit aktuellen Eindrücken verbunden. Wiederholt wird dem Autor übrigens der Zutritt zu bedeutenden Bauwerken und Parkanlagen verwehrt, obwohl, wie hier, das Schloß, jetzt Berufsschule, im Stadtführeratlas des DDR-Tourist- Verlages werbend beschrieben ist.
Oft kreuzen sich Stieges Wege natürlich mit denen Fontanes. Der märkische Dichter wird zitiert, zuweilen mit ganzen Absätzen. Stiege nimmt auf die »Wanderungen durch die Mark Brandenburg' und andere Werke Bezug oder wiederholt Episoden Fontanes in geraffter Form. So konstatiert er in Kloster Lehnin erfreut »ein kleines Wunder': Die Klosterkirche ist heute schöner und vollkommener als zur Zeit seines berühmten Vorgängers, denn damals kam es nur zu einem »tristen Aufenthalt' in der »öden, freudlosen Kirche'. Andererseits besucht Stiege viele Orte, in denen Fontane nicht gewesen war, etwa Stölln bei Rhinow, wo auf halber Höhe des Gollenberges eine Steinpyramide mit einer Gedenktafel an den 1896 hier abgestürzten Flugpionier Otto Lilienthal erinnert, ferner die Flämingburgen Eisenhardt, Rabenstein und Wiesenburg.
Der Verfasser läßt uns teilnehmen an der Besichtigung von zahlreichen Dorf- und Stadtkirchen, auch ehrwürdigen Domen wie in Havelberg und Brandenburg. Eine lange Reihe von Schlössern wird aufgesucht, aber nur einige kann Stiege betreten und beschreiben, häufig wird ihm der Zutritt verboten oder verweigert (in Kossenblatt, Königs Wusterhausen, Rheinsberg, Oranienburg, Jahnsfelde, Liebenberg, Boitzenburg, Doberlug, Plaue u. a.). Dafür entschädigen dann empfangsbereite Schlösser wie die in Potsdam und Berlin (hier Friedrichsfelde und Köpenick).
In Sachsenhausen und Ravensbrück berichtet Stiege ergreifend vom furchtbaren Schicksal der Opfer des nazistischen Gewaltregimes. Er ist auch mit
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