Recht bestürzt, wenn, wie in Gusow und Friedersdorf, wertvolle historische Bauwerke dem Verfall preisgegeben sind. Solchen Tiefpunkten auf seinen Streifzügen stehen durch den Kontrast um so stärker wirkende Glanzpunkte wie Neuzelle mit der gut erhaltenen, fast überreich ausgestatteten Barockkirche gegenüber. Auch humorvolle Töne weiß er anzuschlagen, wenn er beispielsweise in Finsterwalde der Entstehung der dortigen Lokalhymne oder in Calau dem Ursprung der »Kalauer' genannten Wortwitze (mit launigen Beispielen gleich für mehrere Kategorien) genau nachgeht oder wenn er unbedingt wissen will, warum Kyritz an der Knatter liegen soll, wo es doch offensichtlich an dem munteren Flüßchen Jägelitz liegt. So folgen wir Rudolf Stiege mit wachsendem Vergnügen und nie nachlassendem Interesse kreuz und quer durch die Mark Brandenburg und betrachten gern die vielen bunten Schnappschüsse von unterwegs.
Trotz der Reichhaltigkeit des Gebotenen vermißt man einige beliebte Wandergebiete wie das Briesetal, Tiefensee mit dem Gamengrund, das Plagefenn, Müllrose mit dem Schlaubetal, Velten mit dem Krämer.
Für die Beschäftigung mit der Heimat- und Regionalgeschichte ist ein wahrhaft interdisziplinäres Herangehen erforderlich, was bedeutet, daß man einige Grundkenntnisse von Fachgebieten, z. B. von Geologie und Archäologie bis zur Volkskunde und zum Verkehrswesen, mitbringen sollte. Bisweilen ist allerdings ein für den einzelnen kaum erreichbarer Grad von Universalität gefragt. So ist es nur natürlich, wenn - wie auch bei den »Wanderungen' von Theodor Fontane - einige Ergänzungen und Richtigstellungen angebracht sind.
In dem Bericht über Ribbeck fehlt, daß der legendäre, durch Fontanes Ballade bekannt gewordene Birnbaum 1911 vom Sturm umgeworfen wurde und an seiner Stelle neben dem Kirchturm nun wieder ein von Dorfbewohnern gepflanzter Birnbaum steht (vgl. Franz Fabian, Die Geschichte vom alten Birnbaum, Fontane-Blätter, Heft 43, 1987, S. 505-510). - In der Marxwalder Kirche wird Hardenbergs Herz noch heute aufbewahrt. - Im Kapitel über Königs Wusterhausen werden Irrtümer Fontanes beim Geweih eines Hirsches übernommen. Nicht das Geweih wog 532 Pfund, sondern der Hirsch, der auch nicht 1636, sondern 1696 erlegt wurde. In Treuenbrietzen ist die lateinische Inschrift, die auf die Treue der Stadt zum Landesfürsten hinweist, nicht im, sondern außen am Heimatmuseum über dem Eingang angebracht, wie es auch das gegenüberstehende Bild erkennen läßt. - In Bad Freienwalde hält man nach Karl Weises Fachwerkhaus an der Georgenkirche, wo Fontane den dichtenden Drechslermeister 1860 besuchte, vergeblich Ausschau, weil es um 1875 einem Neubau weichen mußte (der neuerdings eine Gedenkplakette für den Dichter trägt). - Der Kirchturm in Letschin entstand 1819 tatsächlich nach einem Entwurf von Schinkel (also keine Legende). - Das Haus mit der Letschiner Apotheke brannte um 1865 ab. Eine neue Apotheke wurde 500 Meter davon ent- fernt eingerichtet. Sie erhielt 1932 den Namen »Fontaneapotheke'. Fontane Erlebte in Letschin nicht »einen Teil seiner Kindheit', denn als er 1841 erst- mals dorthin kam, war er bereits einundzwanzig Jahre alt. Er weilte dann in Abständen mehrfach in dem Dorf, das seine Eltern 1850 verließen. (Vgl. Man-
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