Wolff, Jürgen: Literatur Reisen Wege Orte Texte. Mit Fontane durch die Mark Brandenburg und den Harz. - Stuttgart: Ernst Klett Verlag für Wissen und Bildung 1990. 261 S.
(Rez.: Heinz Kühn, Potsdam)
In der begrüßenswerten Reihe des Klett Verlages liegt ein neuer Band vor, der bereits mit seinem Titel auf eine Spezifik verweist: .Mit Fontane durch die Mark Brandenburg und den Harz". Jürgen Wolff nutzt die einmalige Vorlage und empfiehlt, Wanderungen nachzuvollziehen, die Theodor Fontane vor mehr als 100 Jahren unternahm. Es geht dem Verfasser um mehr als ein bloßes Nachwandeln auf Fontanes Spuren, was an sich auch reizvoll wäre. Sein Hauptanliegen sieht er vielmehr darin, Fontanes .Wanderungen durch die Mark Brandenburg' als »Schlüssel zu dieser Landschaft und ihren Menschen" zu nutzen, dabei einen „Teil preußischer Geschichte und Lebenshaltung' zu entdecken und zu einem Vergleich zwischen Fontanes Erfahrungen und denen des heute Wandernden anzuregen. Da Wolff die „Wanderungen" in den Mittelpunkt stellt, darüber hinaus mehrere Werke Fontanes (neben einigen anderen, meist heutigen Autoren) einbezieht, gelingt es ihm, Lektüreangebote vorzulegen, die ein breites Leserpublikum ansprechen können.
Doch vor einer weiteren Besprechung ist eine Vorbemerkung nötig!
Das vorliegende Buch ist 1989 beendet worden, unter politischen Bedingungen, die mehr als ein Jahr zurückliegen. Viele Seiten, auf denen der Autor von seinen Reiseerfahrungen spricht, enthalten noch Anschriften und Begriffe, Namen und Hinweise, die für den heutigen Leser bereits überholt sind. Aber deshalb ist das Buch nicht als unaktuell zu betrachten. Wer künftig mit Fontane durch die Mark Brandenburg oder den Harz eine literarische Wanderung unternimmt, wird Fontanes Werk und die Spuren preußischer Geschichte entdecken und das, was die ehemalige DDR hinterlassen hat. Insofern haben die Zeitläufte dafür gesorgt, daß das Buch von Jürgen Wolff um einen weiteren, von der jüngsten Geschichte bestimmten Aspekt ergänzt wurde. Wer heute die Wege durch die Mark wandert und die Orte besichtigt, die Fontane beschreibt, muß auch zur Kenntnis nehmen, welche Wunden - dann schon vielleicht vernarbt - von Krieg und Nachkriegszeit noch sichtbar sind (S. 9).
Auf diesem Hintergrund wird das beabsichtigte Wechselspiel wirksam: sich mit Theodor Fontanes Aufzeichnungen die Mark Brandenburg zu erschließen; und mit dem Erlebnis von Land und Leuten in der Mark sich einen Zugang zum Werk Fontanes zu eröffnen.
Die fünf Reisebedingungen, die Theodor Fontane als Vorbedingung für einen Reiseerfolg nennt (S. 35 ff.), bleiben gültig, auch noch die beiden letzten. So empfiehlt er »Liebe zu .Land und Leuten" und das Bemühen um eine feinere „Art von Natur- und Landschaftssinn'; er meint, man muß „die Geschichte dieses Landes kennen und lieben' und soll „nicht allzusehr durch den Komfort
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