Friedrich August Ludwig von der Marwitz.- Nachrichten aus meinem Leben. 1777—1808. Herausgegeben, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Günter de Bruyn in der Reihe „Märkischer Dichtergarten". - Berlin: Buchverlag Der Morgen 1989. 411 S.
(Rez.: Albert Burkhardt, Berlin)
Hatte Günter de Bruyn im November 1988 im Fontanekreis Zeuthen seine Ausgabe der schönsten Wanderungen durch die Mark Brandenburg von Theodor Fontane vorgestellt (vgl. Fontane-Blätter, H. 49, S. 111-114), so begrüßen wir ihn wieder am 14. Februar 1990 im Akademie-Institut für Hochenergiephysik, das sich im Zeuthener Ortsteil Hankeis Ablage befindet - diesmal zur Premiere seiner Ausgabe der Marwitz-Erinnerungen.
Gleich zur Eröffnung wartet Dr. Joachim Kleine, der Leiter dieses Fontanekreises, mit einem Fontanezitat auf. Am 12. August 1882 schrieb der Dichter aus Norderney an seine Frau Emilie im Zusammenhang mit der Darstellung von märkischen Adligen in den Wanderungen■. „Ich habe überall liebevoll geschildert, aber nirgends glorifiziert, nicht einmal meinen Liebling Marwitz ." Gewiß, der Leser der Wanderungen kennt Fontanes Verdienste und Fehler seines „Lieblings" sorgsam abwägende Marwitz-Würdigung im Band Oderland, Kapitel Schloß Friedersdori. Dem Leser der Romane ist auch sicher nicht unbekannt, daß Berndt von Vitzewitz in Vor dem Sturm Marwitz weitgehend nachgebildet und sein Schloß Hohen-Vietz ebenso weitgehend mit Schloß Friedersdorf identisch, nur einige Kilometer weiter nach Osten, in die Gegend von Reitwein, versetzt ist. Aber dieser Gutsherr und General im Märkischen Dichtergarten? Das kommt wohl doch etwas überraschend.
Günter de Bruyn weist eingangs darauf hin, daß zu Fontanes Zeit die Memoiren von Marwitz lediglich in der zweibändigen Ausgabe von 1852 Vorlagen. Ihr ungenannter Herausgeber, der konservative Politiker Markus Niebuhr, hatte aus dem umfangreichen Manuskript eine ganz und gar einseitige Auswahl getroffen, so daß das Werk eine Art Parteischrift der Konservativen bei ihrem Kampf gegen nachrevolutionäre Bestrebungen wurde. Passagen mit Kritik am Königshaus und am Adel waren gemildert oder weggelassen worden. Außerdem fehlte viel Selbsterlebtes mit Äußerungen über die eigenen Familienmitglieder, und damit fehlten gerade die am besten gelungenen Teile. Fontane kannte Marwitz daher kaum als Erzähler, etwa wenn dieser von seiner auch kulturhistorisch interessanten Werbung um Franziska Gräfin Brühl berichtet, seine erste Frau, die anderthalb Jahre nach der Hochzeit starb und der er, obwohl bald wieder verheiratet, noch lange nachtrauerte. Fontane wäre von solchen Partien sicherlich besonders beeindruckt gewesen und hätte vermutlich seinen Romanhelden noch etwas anders gestaltet.
Erst nach Fontanes Tod, im Jahre 1913, erschien die zweite Ausgabe der Marwitz-Memoiren, drei Bände mit zusammen 1000 Seiten. Auch ihr Heraus-
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