Peter Paret: Kunst als Geschichte. Kultur und Politik von Menzel bis Fontane. - München: C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung 1990. 258 S.
(Rez.: Sonja Wüsten, Berlin)
Art as History: Episodes in the Culture and Politics oi Nineteenth-Century Germany von Peter Paret in Princeton University Press 1988 in erster und 1989 in zweiter Auflage erschienen, liegt nun unter oben genanntem Titel in deutscher Sprache vor, von Holger Fließbach übersetzt. Der Verfasser bietet eine Gesamtschau, sie umfaßt Geschichte, Politik, bildende Kunst und Literatur. Das findet man bei Kunstbüchern nur noch selten. Er setzt sich mit dem Geschehen in Deutschland im Zeitraum zwischen den dreißiger und neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts auseinander und geht der Frage nach, auf welche Weise die Kunst mittelbar oder unmittelbar in Geschichte und Politik, insbesondere in den Aufstieg und Untergang des Liberalismus, verstrickt war. „Kunst und Literatur gehören zu den mächtigsten Bemühungen der Menschheit um Selbstverständnis, und durch Einsichten, Irrtümer und Trübungen der Kunst klingt die klare Stimme der Vergangenheit" (S. 15) schreibt er und formuliert damit seinen Ausgangspunkt. Er untersucht in ihrer Zeit bereits berühmte Werke der Bildkunst und der Literatur mit historischer Thematik, damals ein Hauptgegenstand in der Kunst, und erhellt die geschichtlichen Voraussetzungen dieser Begeisterung für die Historie.
Für den Fontanefreund und -kenner ist das Buch nicht allein deshalb von Interesse, weil der Dichter in die Betrachtungen einbezogen und ihm ein erster Platz zugewiesen wird, sondern auch, weil eine differenzierte Schilderung mit ihm verbundener Künstlerkreise ein tieferes Verständnis der Entwicklung Fontanes ermöglicht.
Der Kunsthistoriker und Poet Franz Kugler, die Maler und Grafiker Adolf Menzel und Alfred Rethel, der Dichter Victor Scheffel und der Maler Anton von Werner stehen neben Fontane im Zentrum der Aufmerksamkeit. Paret enthüllt Zusammenhänge und zum Teil überraschende Wechselwirkungen zwischen Künstlerpersönlichkeit und Werk auf der einen und Geschichte und Politik auf der anderen Seite. Dabei werden spezielle ästhetische Probleme berücksichtigt und die Wirkung der Kunstwerke, die nicht immer ihren wahren Inhalten und den Absichten der Künstler entsprach.
Der Verfasser verchweigt nicht, daß die Urteile dieser Maler und Poeten weder unwandelbar noch immer eindeutig waren. Doch gerade dadurch gewinnen die Personen Leben, und ein Gedankenaustausch Fontanes mit seinen Künstlerfreunden, für das Finden seiner Standpunkte sicher wichtiger als abstrakte Ideen, bekommt in der Vorstellung des Lesers mehr Kolorit.
Daß Menzel und Kugler für sein Werden von Bedeutung waren, steht außer Frage. Das bekräftigt die in den letzten Jahren zum „Tunnel über der Spree" geleistete Forschungsarbeit. Kuglers Einfluß auf Fontanes Äußerungen zur bil- 152