ben. Und: Storm sei ihnen "die Verkörperung von etwas ganz besonderem in der Poesie" und lebe "neben vielem andren auch als eine Art Gattungsbegriff bei uns fort." 4 Die damals erzielte Wirkung Storms beeindruckte Fontane bis in die späten Jahre. “Wir waren wohl die erste kleine Stormgemeinde", erinnert er sich nach dem Tod des Dichters. 5 Nicht anders mußte es Storm ergangen sein. Obwohl er bereits in den vierziger Jahren als Autor Profil gewann und sich regional Anerkennung verschaffte, kam es zum eigentlichen Durchbruch erst mit den "Sommergeschichten und Liedern", die 1851 im Verlag von Alexander Duncker in Berlin erschienen waren. Paul Heyse, selbst noch in den Kinderschuhen erster Erfolge, war von Duncker, der auch sein Verleger war, um ein Urteil zu Storms Texten befragt worden und hatte diesem herzlich zu der Bekanntschaft mit dem noch unbekannten Dichter gratuliert. 6 Zu Recht meldete Storm dem befreundeten Brinkmann, sein Name habe "als Poet in den literarischen Kreisen hier (in Berlin - R. B.) einen guten Klang" und seine Gedichte würden "Jubel erregen". 7 Andererseits begegneten sich in der preußischen Residenzstadt Bürger, deren Bürgerlichkeit durch ein spezifisches Berufs- und Beamtungsverhältnis geprägt war. Mit der Kassierung seiner Advokatenbestallung stand Storm unter einer besonderen Art Berufsverbot. Durch die dänische Kooperation mit Preußen, das großpolitischen Konstellationen Tribut zu zollen hatte, waren Holstein und Schleswig unter die Vorherrschaft der Dänen geraten. Schon 1850 hatte Storm seine Praxis geschlossen - ein Protest, der den Abbruch aller beruflichen Kontakte zu den neueingesetzten dänisch gesinnten Beamten bedeutete.
Seine Suche nach Anstellungen außerhalb Schleswigs und Holsteins verkomplizierte sich durch die Verschiedenartigkeit der geltenden Rechtssysteme. 8 Zermürbende Ablehnungen gingen einher mit einer kaum zurückgehaltenen Reserviertheit gegenüber Preußen, dem er Schuld an den eingetretenen politischen Verhältnissen in seiner heimatlichen Umgebung zuschrieb.
Der Briefdisput über Preußen und Berlin, den Storm und Fontane austrugen, ehe der Norddeutsche bei Kugler untergebracht wurde und sich später in Potsdam niederließ, trägt alle Anzeichen des politischen Spannungsverhältnisses, das Storm wohl vorab klar herausstellen wollte. In ihm manifestierte sich die politische Differenz ebenso wie die verschiedenartige Auffassung von Loyalität im staatsbürgerlichen Verhalten. 9 Mit Storm kam ein Mann nach Berlin, der nicht bereit gewesen war, die ihm abverlangte Loyalitätserklärung gegenüber der vom dänischen König eingesetzten Regierungsbehörde im Herzogtum Schleswig abzugeben. Der Wert dieser konsequenten Haltung läßt sich nicht zum geringsten aus dem Umstand ermessen, daß Storm unbeirrt blieb, obwohl sich die allgemeine Lage zu entspannen schien. "Ihm wird die Heimat fremd", schreibt sein Biograph Bollenbeck, "als sich seine Landsleute mit den neuen Verhältnissen abzufinden beginnen" 10 und das Klima der öffentlichen Verhältnisse von Anbiederei und Denunziantentum beherrscht wird. Von den beiden möglichen Verhaltensweisen - mitzutun oder sich verweigern - wählte Storm die zweite und gewann daraus das Selbstwertgefühl, das ihm nicht nur in Berlin versteckten und offenen Tadel einhandelte.
Auch der Berliner Kreis - und das war vornehmlich die Rütli-Runde 11 - ließ schon nach der Lektüre der von Storm eingesandten Beiträge für das Jahrbuch am eigenen staatsbürgerlichen Bewußtsein keinen Zweifel aufkommen. Fontane, beauftragt, Storm vom Resultat der Debatte um die Gedichte und "Ein grünes Blatt" zu unterrichten, formulierte wünschenswert deutlich: "Das Deutsch- Patriotische kann sich natürlich in den stärksten Ausdrücken äußern, aber was nach
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