der einigen, unteilbaren deutschen Republik schmeckt, könnte uns 'Beamten' doch sehr verübelt werden." Märtyrertum könne "unmöglich von Personen erwartet werden, die teils ausgesprochenermaßen, teils unbewußt au fond de coeur die besten Preußen und Royalisten von der Welt sind.'' 12
Es ist nicht nötig, diese Frontenklärung noch einmal zu beschreiben. Sie gehört allerdings zu dem Umfeld, das den Ton der Briefe Franz Kuglers an Theodor Storm prägt. 13 Hier bleibt festzuhalten: dem Mut Storms, seiner beruflichen Entwicklung nicht die politische Gesinnung zu opfern, stand in Berlin politisch loyales Verhalten gegenüber, das z.T. durch den scheinbaren oder tatsächlichen Sachzwang im Berufsleben befördert wurde. 14 Verwandtes und Entfremdendes lagen nah beieinander, zuweilen verwischten die Grenzen, so daß es zu Mißverständnissen kam, weil die gleiche Elle an unterschiedliche Personen gelegt wurde. Daß dies geschehen konnte, war dem Alltag geschuldet, auf den man sich einließ, der aber auch Handlungsräume eröffnete, die als Chance empfunden und genutzt wurden.
Die Briefe Kuglers an Storm gründen auf dem Fundament, das der tägliche Umgang über einen längeren Zeitraum im Herbst 1853 gelegt hatte. Jener Aufenthalt im Hause Kuglers ist durch weitere, bislang wenig genutzte Quellen dokumentiert. Kugler hatte seine Frau nämlich im Sommer 1853 nach Dürkheim geschickt, wo ihr an einer Darmerkrankung leidender Sohn Hans eine Kur erhalten sollte. Während dieser Zeit, in die genau Storms Gastaufenthalt fiel, berichtete Kugler ausführlich vom Gang der täglichen Geschäfte. Dienstliches geriet in Nachbarschaft zur privaten Mitteilung; dem Ärger über seinen höchsten Chef, den Kultusminister Friedrich von Raumer, stellte er Erläuterungen über Malerarbeiten im Hause zur Seite. Mehr als in seinen Briefen an Fontane oder andere Korrespondenzpartner scheute er es hier nicht, den Mißlichkeiten des Alltags und seinen eigenen Stimmungen kräftig Ausdruck zu verleihen. Der vollständige Abdruck dieser Briefe, obwohl er seinen Reiz hätte, verbietet sich an dieser Stelle aufgrund des Umfangs.
Im folgenden soll diese Quelle soweit herangezogen werden, wie sie neues Material zum Thema beisteuert. Weiter beansprucht besondere Aufmerksamkeit die Betriebsamkeit der Rütli-Mitglieder. Es wird einmal mehr deutlich 15 , daß diese Vereinigungsform in sich heterogene Kräfte umschloß, die, wo sie auf einzelne Punkte konzentriert wurden, vereint im institutionellen gesellschaftlichen Leben Wirkung zu erzielen vermochten. Davon profitierten nicht nur Fontane oder Eggers, sondern auch Theodor Storm.
II.
"Eine kleine Zerstreuung für meine Einsamkeit habe ich mir vorbereitet", schrieb Franz Kugler am 27. August 1853 an seine Frau, "und ich hoffe, daß Du damit nicht unzufrieden sein wirst. Storm will Ende nächster Woche herkommen." 16 Vorabsprachen über Storms Unterbringung hatte es schon gegeben. Ohnehin war man seit dem Sommer darauf eingestellt, den norddeutschen Dichter erneut als Gast in Berlin zu haben. Bereits im Juli 17 hatte Storm darauf gerechnet, eine dahinlautende Benachrichtigung vom preußischen Justizminister zu erhalten. Doch das hatte sich zerschlagen, so daß am 9. August 1853 die Klage nach Berlin gegangen war: "Mich und meine Angelegenheiten anlangend, so scheint Ihr Kabinett mich ganz vergessen zu haben; ich sitz und warte." 18