einen "trefflichen Hüter und Besitzer" ihres Kleinods. Ulrich Priep nahm das Geschenk gern an und erbot sich, fortan die Grabstelle kostenlos zu pflegen. 27 Nicht so oft durften Dr. Fritschs Enkelkinder nach Waren in die Ferien fahren. "Der Schwiegersohn hält Norddeutschland für arktische Gefilde und gibt unserer kleinen Exzellenz immer seltener Urlaub." 26 aDieser Schwiegersohn hatte Dr. Fritschs Tochter aus erster Ehe geheiratet, die als "Frau Generalleutnant Scheller" später Erbin wurde. An der Hochzeit, die stattfand, als Fritschs zweite Frau noch lebte und Mete noch gar nicht in Sicht war, hatte schon Vater Fontane als Gast teilgenommen und in einem Brief darüber berichtet. 28 Ob Schellerts Abneigung gegen Waren auch damit zusammenhing, daß er und seine Frau die überstürzte Verlobung ihres Vaters - so schnell nach dem Tode der Stiefmutter - mißbilligten? Die "arktischen Gefilde" waren vielleicht nur höfliche Ausflucht?
Auch drüben in der Stadt wohnten Menschen, die mit der Familie Fritsch-Fontane eng verbunden waren. "Meines Mannes 81jährige Schwester, die hier in einem Feierabendhause lebt, geht langsam ihrem Ende entgegen; das lastet auch etwas auf uns, obgleich der Tod für die alte Dame erwünscht ist und wir innerlich nichts verlieren." Das schreibt Mete am 11. Juli 1907 aus Waren an Paula Schlenther. 29 Mit dem Feierabendhaus meint sie das Heim für alte und dienstunfähige Lehrerinnen, das unter wesentlicher Förderung der Warener Pädagogin Auguste Sprengel 1890 gebaut worden war. Es liegt am Ufer des Tiefwarensees, in einem großen Garten, am Fuße des Mühlenbergs. Damals trug es die Straßenbezeichnung Denkmalstraße 7, heute Richard-Wossidlo-Straße 7. Dort wohnte auch Metes Tante Lischen, ihres Vaters jüngste Schwester. Sie hieß Frau Elise Weber geborene Fontane und wird im Adreßbuch von 1913/14 als "Stiftsdame" bezeichnet. 30 Beide Damen hatten es wohl für günstig gehalten, in dem schönen neuen Heim zu wohnen und gleichzeitig ihren Angehörigen nahe zu sein. Frau Weber ging nach dem Tod der Nichte nach Berlin zurück und lebte noch bis 1923. Fräulein Fritsch aber starb in Waren, wie Mete es schon vorausgesehen hatte. Das Sterberegister der Stadt nennt ihre Vornamen Theresa Josephine Franziska, als Todestag den 16. November 1907. Und zu unserem Erstaunen trägt es die Bemerkung "katholisch" - eine Seltenheit einst im ur-lutherischen Mecklenburg. 31 Das also ist der Grund, weshalb die evangelischen Sterbebücher sie nicht enthielten, während doch das Beerdigungsbuch des Friedhofs ihre Bestattung am 21. November angab! Ihr Bruder, Karl Emil Otto Fritsch, ist einige Jahre später von dem evangelischen Pastor Starck beerdigt worden. Waren hatte übrigens zu der Zeit noch keine katholische Pfarre, ein Pfarrer aus Schwerin mußte nach Waren kommen, um die Bestattung nach katholischem Ritus vorzunehmen.
Es wäre interessant zu wissen, ob Martha Fontane jemals der Pädagogin Auguste Sprengel 32 begegnet ist. Möglich wäre es gewesen. Die Gründerin und Leiterin der Höheren Mädchenschule war noch bis 1902 im Amt. Dann ging sie allerdings nach Berlin, um sich dort für die Frauenbildungsarbeit einzusetzen - die erste Frauenschule Deutschlands, 1904 in Berlin gegründet, ist ihr Werk. Sie kam aber immer wieder nach Waren zurück, wo sie zu Hause war und wo auch ihre Schwestern lebten. Auguste Sprengel erscheint mir als das Gegenbild zu Martha Fontane: sie hat es geschafft, sich eine fruchtbare Lebensarbeit aufzubauen. Heute heißt eine Schule nach ihr, und ihr Grab steht unter Denkmalsschutz. Freilich hat auch sie es nicht leicht gehabt, als Frau ihren "Mann" zu stehen. Als Bürgermeister Schlaaff starb, der ihr immer den Rücken gestärkt
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