einmal erwähnt. Eine solche - wenn auch künstlerisch gegliederte und von Exkursen unterbrochene - Aneinanderreihung von Schlachtenbeschreibungen und militärischen Heldentaten konnte Storm nicht begeistern. Als Storm zu Beginn des Frankreichkrieges zu „Schutz- und Trutzliedern" aufgefordert wird, lehnte er empört mit den Worten ab: „... es ist leider zu vieles, was meine Begeisterung niederdrückt,... Insbesondere hasse ich... das preußische Wesen" (an Sohn Emst 8.8.1870); er fährt dann fort mit einigen Versen, die er allerdings nicht publizierte:
Hat erst der Sieg über fremde Gewalt Die Gewalt im Innern besiegt,
Dann will ich rufen: Das Land ist frei!
Bis dahin spar ich den Jubelschrei.
(LL I, S. 268)
Storm hat also - wie diese Verse deutlich machen und wie er es später in einem Brief vom 14. November 1870 an Pyl formulierte - „mehr Begeisterung für den Kampf im Staate als für den um seine Grenzen". Storm fürchtet die innere Militarisierung, die Entwicklung Deutschlands zu einem Machtstaat, dessen Bevölkerung „kommandiert" wird. 24
Unter diesen Aspekten konnte Storm auch die Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles am 18. Januar 1871 nicht als großes politisches Ereignis würdigen. Mit mißbilligendem Unterton schreibt er:
„Von der Reichsgründung hörte ich aus der Ferne, daß sie gemacht wurde, während wir hier... den Groll gegen die noch nicht verwinden konnten (gegen die Preußen), die uns recht subalterne... Persönlichkeiten sandten, um uns zu belehren, auf welch niedrer Stufe wir mit all unserm heimischen Wesen standen", (an G. Hoerter, 1.4.1878)
Hier bestätigt sich, was der Soziologe Ferdinand Tönnies aus persönlichen Gesprächen mit Storm überliefert hat, daß Storm „weniger an der Staatsform als am Staatsinhalt gelegen war". „Storm war", so Tönnies wörtlich, „Demokrat mehr im ethischen als im politischen Verstände". 25
Auch Ende der 70er Jahre kam es deshalb zwischen Storm und Fontane zu keiner nennenswerten Annäherung der politischen Standpunkte. Fontanes sogenannte Chroniknovellen Grete Minde und Ellernklipp 26 stehen zwar in ihrer Stimmungskunst und in dem Gebrauch bestimmter erzählerischer Mittel den Stormschen Chroniknovellen nahe, aber ihnen fehlt der Stormsche politische Aspekt. Storm versucht in seinen Chroniknovellen den „sittlichen Zorn des Lesers gegen überholte gesellschaftliche Zustände zu mobilisieren; 27 z.B. in Aquis submersus (1876), ähnlich in der Chronik von Grieshuus (1884), wo er zeigt (ich zitiere eine Stelle aus Storms Tagebuch), wie ein „Bruchteil der Gesellschaft... auf die irgendwie von den Vorfahren eroberte Ausnahmestellung pochend, sich besseren Blutes dünkt und so das menschlich Schöne und berechtigte mit der ererbten Gewalt zu Boden tritt" (LL IV, S. 525). Dabei werden bei Storm - gleichsam der Gegenwart zum Spiegelbild - den brutalen, Standesschranken aufrichtenden Junkern jeweils menschlich hochstehende Bürger- iche und Adlige gegenübergestellt. Diese gesellschaftspolitische Tendenz, d.h. 57