Heft 
(1992) 54
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könne aber dennoch zu den Selbstbiographien gezählt werden. Für diesen und weiteren Unsinn zeichnet ein H. S. verantwortlich. Hinter dem Kürzel verbirgt sich Heinrich Walter Seidel, und nun wird es interessant: das kleine Nachwort stammt so wie auch eine kurze Zeittafel und eine 1936 (!) endende Werk-Chro­nologie aus dem 1941 erschienenen BandGedichte. Neue Ausgabe" der Cotta'schen Buchhandlung... So erklären sich auch die unterschiedlichen Drucktypen, denn dieBilder und Balladen" sind, ebenso wie der Anhang, lediglich ein fotomechanischer Nachdruck von 1941, ohne daß auch nur mit einem Wort darauf hingewiesen werden würde. - Alles in allem also eine zusammengestoppelte, sehr unpreußische Ausgabe: mehr Schein als Sein.

Rolf Zuberbühler:Ja, Luise, die Kreatur". Zur Bedeutung der Neufundlän­der in Fontanes Romanen. - Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1991.88 S.

(Rez.: Joachim Biener, Leipzig)

Am Anfang steht ein Exkurs über Natur, das Natürliche und Natürlichkeit. Fontane sei in seinen Briefen und in der künstlerischen Gestaltung gegenüber gesellschaftlichen Konventionen, Erstarrungen und Verkrustungen stets ein Anwalt des Natürlichen gewesen. In den Werken trete das Natürliche als Schauplatzwechsel von der Stadt zum Land bzw. zu ländlicheren Bereichen auf, es erscheine in den Frauengestalten und in nobel fühlenden und denken­den Männerfiguren, den mit Sezessionsabsichten ausgestatteten Adligen. Das Natürliche offenbare sich auch in der Handlungsstruktur, in den einfachen bal- ladesken Fabeln, und es begegne uns schließlich in der Tiergestaltung, in den natürlich empfindenden Neufundländern, diesen beseelten Kreaturen.

Im Natürlichen seien christliche Elemente, z.B. aus der Bergpredigt, enthalten, aber auch Züge adligen Verhaltens. Von plebejischen Verhaltensweisen als einer Grundlage und Form des Natürlichen ist leider nicht die Rede. Vom Natürlichen sei Natürlichkeit (eigentlich Naturhaftigkeit, Bie.) zu unterschei­den, eine sympathische maßvolle Sinnlichkeit, welche die Frauengestalten aus­zeichnet, ihnen aber im Verhältnis zur Konvention auch zur Versuchung und Gefahr werde.

Bevor Zuberbühler auf die vermenschlichten Hunde in den Romanen Fontanes im einzelnen eingeht, skizziert er die Tradition der Hundedarstellung in der Literatur und Malerei des 19. Jahrhunderts. Arthur Schopenhauer wird als gei­stiger Vorkämpfer des Tierschutzes gewürdigt. Unter den Schriftstellern, die Fontanes Tierdarstellung beeinflußt haben, werden Walter Scott, Charles Dickens und Iwan Turgenjew genannt. Ganz besonders aber wurde Fontanes Tierdarstellung von dem englischen Neufundländer-Porträtisten Edwin Land­seer (1803-1873) beeinflußt. Das der Lebensrettungsgesellschaft gewidmete Bild »Gerettet", das einen erschöpften Neufundländer als zufriedenen Retter eines

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