UNVERÖFFENTLICHTES / WENIG BEKANNTES
Theodor Fontane und Friedrich Eggers. Briefwechsel 1858/1859 Herausgegeben und kommentiert von Roland Berbig, Berlin
Anita Golz zum Gedenken
Einleitung
Die wachsende Aufmerksamkeit für die sogenannte mittlere Phase Fontanes 1 - den Zeitraum zwischen 1850 und 1870 - zieht eine erneute Sichtung und Prüfung überlieferter Quellen nach sich.
Ein einschneidendes Ereignis dieser Jahre war Fontanes vorzeitige Rückkehr aus England im Januar 1859. Sie beschäftigte den Freundeskreis in Berlin ebenso, wie sie in den durch den Rücktritt Manteuffels neu besetzten Amtsstuben für einigen Wirbel sorgte. Keiner der Berliner Freunde spielte dabei eine so gewichtige Rolle wie Friedrich Eggers.
Eggers gab seit 1850 das Deutsche Kunstblatt heraus, dem 1854 ein Literaturblatt beigefügt wurde, für das der aus Rostock stammende und seit 1845 in Berlin lebende Kunsthistoriker bis 1857 2 ebenfalls verantwortlich zeichnete. Nicht zufällig hat Fontane Eggers ein „Gesellschafts-Genie" 3 genannt, denn die Vereine, in denen der Freundeskreis verkehrte und sich immer wieder neu konstituierte, verdankten dem Norddeutschen ihre zum Teil erstaunliche Lebensdauer und Produktivität. 4 Fontane empfand sich als der Überlegene und machte aus diesem Gefühl wenig Hehl. Gründete diese Superiorität auch im Maß eines nur sehr eingeschränkt zugebilligten Poetentums 5 , erstreckte sie sich doch auch auf die ganze Persönlichkeit Eggers'.
Man kann es als Glücksumstand bezeichnen, daß die Briefe, die sich Fontane und Eggers im Spätherbst 1858 bis Anfang 1859 schrieben, erhalten geblieben sind. Sie gehören zu dem Korpus von 94 überlieferten Briefen der Korrespondenz und bilden deren Kernstück. Von den 63 Briefen Fontanes sind bislang nur 25 vollständig und 21 passagenweise veröffentlicht; die restlichen 17 sind unpubliziert. Von Eggers sind erst vier Briefe ediert. 6 Der Briefwechsel bietet reichliches Material, Eggers' tatsächlichen und bislang kaum ernsthaft erforschten Anteil an Fontanes Werdegang zu rekonstruieren. Obwohl die Forschung früh auf die Bedeutung der komplizierten Beziehung zwischen Eggers und Fontane verwiesen hat, 7 mangelt es an publizierten Dokumenten. Dabei ist die Quellenlage denkbar günstig. Im Rostocker Stadtarchiv befindet sich der umfangreiche Nachlaß der Familie Eggers, und die Landesbibliothek Kiel hat sowohl Bestände von Eggers selbst als auch große Teile der an ihn gerichteten Briefe in ihrem Besitz.