zu dem Schluß: „So beweisen die angeführten Fakten, wie uns scheint - den starken und fruchtbringenden Einfluß Theodor Fontanes auf das Schaffen Heinrich Manns, einen[sic] der größten europäischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts." 3
Die Lektüre der Dichtungen Fontanes gehört zu Manns frühesten und nachhaltigsten Leseerfahrungen. Noch in den letzten Jahren seines Lebens hält er an seiner Begeisterung für Fontane fest und nennt ihn an vierter Stelle unter denjenigen Dichterkollegen, die am meisten auf ihn eingewirkt haben. 4 Aus einer Äußerung Manns in einem kurzen Artikel 5 zu Fontanes 50. Todestag 1948 spricht unverhohlen die Wertschätzung und Anerkennung des Romancier Theodor Fontane:
Der moderne Roman wurde für Deutschland erfunden, verwirklicht, auch gleich vollendet von einem Preußen, Mitglied der französischen Kolonie, Theodor Fontane. Als erster hier hat er wahrgemacht, daß ein Roman das gültige, bleibende Dokument einer Gesellschaft, eines Zeitalters sein kann; daß er soziale Kenntnis gestalten und vermitteln, Leben und Gegenwart bewahren kann noch in einer sehr veränderten Zukunft, wo, sagen wir, das Berlin von einst nicht mehr besteht. Alles vermöge richtig gesehener, stark gezeichneter Personen [,..]. 6
Mann hebt in der Folge besonders die Romane Vor dem Sturm, Schach von Wut- henow, Effi Briest, Der Stechlin und Stine hervor und bezeichnet mit diesen Beispielen zugleich die zentrale soziale, thematische und gestalterische Bedeutung dieser Romane. Fontane, zu seiner Zeit der „wahre Romancier", der „einzige seines Ranges", sei neben Goethe und E. T. A. Hoffmann einer der wenigen Dichter des 19. Jahrhunderts gewesen, die Weltgeltung erlangt haben. 7 Was Heinrich Mann in der Jugend an Romanen und Erzählungen Fontanes tatsächlich gelesen hat, ist nicht eindeutig zu belegen. Das Verzeichnis der im Besitz des Heinrich-Mann-Archivs in Berlin befindlichen Privatbibliothek Heinrich Manns weist im wesentlichen nur Ausgaben mit Erscheinungsdaten nach 1914 aus. 8 Aber gerade die Ausgaben aus den zwanziger und dreißiger Jahren, die Heinrich Mann besaß, machen deutlich, daß seine Lektüre und Wertschätzung Fontanes in allen Phasen seines Lebens gegeben waren. Es muß aber davon ausgegangen werden, daß der Bestand an Werken Theodor Fontanes, die Heinrich Mann las, nicht vollständig überliefert ist, weil sie sich etwa in anderem Besitz befanden und von Mann nur leihweise benutzt wurden.
Die erste Äußerung Heinrich Manns über Fontane, die wir kennen, findet sich in dem Brief vom 6.-9. Februar 1890 an Ludwig Ewers. „Kennst Du Theodor Fontane? Er ist mein Leibpoet unter den Neuen." 9 Zu den 'Alten' würde Mann vermutlich Goethe und Heine gerechnet haben. „Fontane ist nun mal ein Lieblingsthema von mir." 10 Er rühmt besonders die Lyrik Fontanes, schätzt den Kritiker Fontane und und nennt den Erzähler einen „Romancier von Schneid und Schick" 11 . Damit umfaßt und würdigt er - mit Ausnahme der autobiographischen und lokalgeschichtlichen Schriften - die wichtigsten Aspekte von Fontanes Werk. Die von 1890 stammende Äußerung ist so formuliert, daß man ihr entnehmen kann, daß Mann Fontane bereits seit einiger Zeit kennt, denn die Kenntnis der genannten Bereiche seines Werkes wird er sich nicht erst zu