Übersetzung dar. In der genauen Analyse ihrer Gestaltung, in der Betrachtung ihrer Mängel und Siege, hoffen wir, Schritt für Schritt, d.h. Wort für Wort, dem Geheimnis des Fontaneschen Schaffens wenigstens etwas näher zu kommen. Dabei ist die Übersetzung nicht nur als solche zu betrachten, sondern auch in ihrer Vermittlerfunktion. Es soll ihr schließlich gelingen, die Kunst Fontanes weiterzutragen; also muß danach gefragt werden, ob auch dem Leser der Übersetzung die Möglichkeit gegeben ist, den besonderen künstlerischen Charakter der Werke Fontanes zu erfassen. Der Ruhm des Autors gründet sich auf das Schwebend-Leichte, Grazile seiner Sprache. Das 'Wie' der Darstellung ist ihm ebenso wichtig wie das 'Was', das ja erst in dem 'Wie' seinen authentischen Charakter findet. Wenn Fontane in einem anderen Sprachraum eine Chance eingeräumt werden soll, muß dieses 'Wie', die Handhabung der Sprache, in der eine ganze Welt aufgehoben ist, eine entsprechende Umsetzung finden" (S. 78).
Auch geht die Verfasserin auf den spezifischen historischen Kontext der Romane Fontanes ein: „Die verschiedenen Bereiche, in denen die Übersetzungs-Äquivalenz eine Rolle spielt, sind der Bereich der denotativen Äquivalenz (hinsichtlich außersprachlicher Sachverhalte), der konnotativen und textnormativen oder stilistischen Äquivalenz (hinsichtlich der Art der Verbalisierung sowie der Text- und Sprachnormen), der pragmatischen oder kommunikativen (d.h. der empfängerbezogenen) Äquivalenz und der expressiven Äquivalenz im Hinblick auf 'sprachspielerisch-sprachthematisierende und individualstilistische Eigenschaften' des ausgangssprachlichen Materials. Ebenso ist auch das schriftlich niedergelegte oder sich im Übersetzungsverfahren manifestierende Vorverständnis des Übersetzers mitzureflektieren" (S. 87).
Sehr überzeugend analysiert Krause den Roman Frau Jenny Treibel. Was sie hier leistet, ist für die Bewertung der Übersetzung des Romans von großer Relevanz. Die Analyse ist aber auch für sich betrachtet höchst aufschlußreich und gehört zum Besten, was bisher über Frau Jenny Treibel publiziert wurde. So weist Krause genau nach, welche Bedeutung des epische Gesetz der Perspekti- vierung für Fontane besitzt. Bei der Wiedergabe der künstlerischen epischen Struktur und im Bereich der historischen Einzelheiten liegen die Fallstricke für den Übersetzer: „Der Informationswert der Werke Fontanes wird also recht hoch veranschlagt. Gerade darin liegt aber auch eine entscheidende Schwierigkeit für den modernen Leser Fontanes und vor allem für den Leser der Übersetzung. Insbesondere letzterem bleibt das Material unauslotbar, denn es fehlen oft zielsprachliche Äquivalente für Sachverhalte politischer, institutioneller oder sozialer Art oder auch z.B. Hintergrundwissen hinsichtlich bestimmter Tatsachen aus der Tagespresse und dergleichen, die zur Entstehungszeit im Ursprungsland allgemein bekannt waren" (S. 108). Zu den gemeinten Sachverhalten gehören etwa Höflichkeitstitel, Anredeformen, Ehrentitel, Bildungswissen, topographische Angaben, Währungen und Nahrungsmittel.
Nicht weniger interessant sind die innersprachlichen Elemente in ihrer Bedeutung für die Übersetzung. Die Probleme, die mit der übersetzerischen Realisierung solcher innersprachlichen Elemente verbunden sind, behandelt Krause im Zusammenhang mit den Übersetzungen der Romane Irrungen, Wirrungen, Frau Jenny Treibel und Effi Briest. Es geht dabei um lexikalische Katego-
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