Heft 
(1993) 56
Seite
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Die textbegleitend eingedruckten Radierungen von Hussel, krauslineare Gespinste auf dezent-grauen Hintergründen, führen kein so starkes Eigenleben wie Matterns starkfarbige Graphiken, die zudem auf blaues Maschinen-Bütten montiert sind. Mikroskopisch, wie Fontanes Texte sind, ordnen sich Hussels graphische Stenogramme fast unauffällig ein und verlocken das Auge trotz­dem, die sparsamen Umrisse nachspürend zu dechiffrieren und zu deuten.

Seit der Überwindung der schrecklichenPrachtwerke" vor gut 100 Jahren ent­wickelte sich hierzulande eine höchst beachtenswerte Buch- und Pressendruck- Kunst. Diese Tradition lebt hier beispielhaft weiter. Was wohl Fontane dazu sagen würde?

Fontane und Potsdam. Mit 33 Abbildungen und 7 Faksimiles. Herausgeber: Theodor Fontane Gesellschaft; Berliner Bibliophilen Abend; Theodor-Fontane- Archiv Potsdam. Konzeption und Gestaltung: Werner Schuder. Begleitende Texte: Gisela Heller. Berlin 1993.96 S., 23,5 x 22,5 cm, fest gebunden.

Hier ist von einem Glücksfall zu berichten. Man stelle sich einmal vor, die gute Fee Poztupimi hätte anläßlich ihres tausendsten Geburtstags dem Schriftsteller Fontane drei Wünsche freigestellt.

Dieser, vom Glück nie sonderlich begünstigt, doch ein Mann von Courtoisie, erbat in scheinbarer, diplomatischer BescheidenheitErstens: Ein Buch mit aus­gewählten eigenen Texten über Dero Stadt und Nachbarschaft. Zweitens: Wahre Liebhaber und Kenner meines Werks als Herausgeber und Typogra­phen. Drittens: Pünktliches Erscheinen im richtigen Augenblick für einen mir wohlgesonnenen Kreis von (sagen wir zunächst mal 1000?) Leserinnen und Lesern."

Selten ward so klug gewünscht, ein Wunsch so rein erfüllt!

Mit Recht heißt es daher im Vorwort:Für eine Darstellung der Beziehungen Fontanes zu Potsdam steht verhältnismäßig wenig Material zu Verfügung. ... Es ist jedoch nicht ohne Reiz, seine sparsamen Äußemngen über die preußi­sche Metropole zu verknüpfen mit Berichten über seine Beziehungen zu dort lebenden Freunden und Bekannten, seine Besuche in Potsdam und mit seinen ausführlichen Schilderungen von Orten und Landschaften der näheren Umge­bung sowie den Erwähnungen Potsdams in seinen Romanen. Auf diese Weise ist ein durchaus abgerundetes Bild möglich." Und ein sehr reizvolles!

Das umsomehr, als die ausgewählten Fontane-Texte durch Gisela Hellers kenntnisreich verbindende, kursiv gesetzte Kommentare ebenso wie die vor­züglich ausgewählten und reproduzierten, richtig zugeordneten Stahlstiche, Zeichnungen und Faksimiles das Lesen und Betrachten dieser musterhaften Jahresgabe zu einem wahren Vergnügen für jeden Fontane- und Bücherfreund machen. Sie verdiente es, noch einmal nachgedruckt zu werden, um über den ursprünglichen, begrenzten Empfängerkeis hinaus neue Freunde für Fontane, Potsdam und die Mark Brandenburg zu gewinnen.

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