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Symposium „Theodor Fontane - von Dreißig bis Sechzig" in Potsdam, 15. - 17. September 1993
Vom 15. bis 17. September versammelten sich im Alten Rathaus zu Potsdam Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt zu einem von der Theodor Fontane Gesellschaft und dem Theodor Fontane-Archiv veranstalteten, vom Fachbereich Germanistik der Humboldt-Universität Berlin konzipierten Symposium, das sich dem „mittleren Fontane", dem Fontane „von Dreißig bis Sechzig" widmete. Hatte der Tagungsleiter Prof. Dr. Wruck zu Beginn noch festgestellt, daß die angesprochene Lebensphase zu dem weniger Untersuchten in Fontanes Biographie gehört, so lautete sein Resümee am Ende der Veranstaltung: „Der mittlere Fontane ist als Forschungsgegenstand etabliert." In der Tat haben die 18 Beiträge gezeigt, wieviel Neues in den letzten Jahren zu diesem Bereich erforscht worden ist: Von der Bewertung der England-Erfahrungen Fontanes und ihrem Einfluß auf das spätere Werk (Helmuth Nürnberger, Rudolf Muhs, Wulf Wülfing), seinem Wiedereintritt in den „Tunnel" im Jahre 1859 und seinem taktischen Verhalten in diesem Verein (Roland Berbig) von seiner Tätigkeit in der Redaktion der „Kreuzzeitung" - hier konnte Heide Strei- ter-Buscher über eine Reihe von neu ermittelten, bisher unbekannten journalistischen Arbeiten Fontanes berichten - über detaillierte Untersuchungen zu „Der Krieg gegen Frankreich 1879/71" (John Osborne) und zu Fontanes Urteil über Napoleon III., (Marc Thuret), die Rezeption der „Wanderungen", der Kriegsbücher und „Vor dem Sturm" (Luise Berg-Ehlers) bis zur Entstehungsgeschichte des ersten Romans (Walter Hettche, Otfried Keiler) reichte das Spektrum der auf hohem wissenschaftlichem Niveau argumentierenden Beiträge, die hier nicht referiert werden können, zumal alle Vorträge in absehbarer Zeit im Druck erscheinen sollen.
Der abschließende Vortrag von Christian Grawe zeigte, daß Fontanes schriftstellerische Entwicklung ohne eine Untersuchung seiner Anfänge in den 50er Jahren und der damals geplanten, aber nicht ausgearbeiteten Werke nicht angemessen gewürdigt werden kann.
Als wichtigstes Fazit der Tagung kann der vor allem von Hubertus Fischer überzeugend vorgetragene Befund gelten, daß Fontanes Tätigkeit in der Redaktion der „Kreuzzeitung", seine konservative Phase, nicht vom alten, liberalen Fontane her umgedeutet oder „entschuldigt" werden darf, sondern in ihrer Eigenart und Eigenbedeutung betrachtet und weiter erforscht werden muß.
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