Heft 
(1994) 57
Seite
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eine verwandte Bitte meinerseits: Vermutlich die Bitte um Suspendierung von der Theaterrezensententätigkeit, da Fontanes ältester Sohn George (geb. 1851) ernstlich krank war. Er starb am 24. September 1887.

Dr. Pancritius, Geheimer Sanitätsrat, seit 1877 Hausarzt der Familie Fonta-

Nr. 14: An Dr. Paul Schlenther

Berlin 26. April 88 Potsd. Str. 134. c.

Hochgeehrter Herr.

Seien Sie schönstens bedankt für Ihre Karte von Hankels Ablage aus, die mich sehr erheitert hat, auch Gruß und Empfehlung, wenn ich bitten darf, an Dr. v. Waldberg. Denken Sie sich - also wie gut, daß keine Lene dabei war - daß Sie nur durch einen in 12. Stunde veränderten Schlachtplan der Begegnung mit dem liebenswürdigen Familienanhang eines "Zwanglosen" entgangen sind: Herr und Frau Sternheim sammt einer [Korrektur von fremder Hd: meiner] Tochter wollten hinaus und vertauschten erst ganz zuletzt Hankels Ablage mit Grunewald und Paulsborn.

Einige Ihrer letzten Rezensionen habe ich mit besonderer Freude gelesen, so die über Förster und Kainz in "Kabale und Liebe". Auch das, was Sie über das Stück selbst sagen. Und doch, nachdem ich beinah ein Lebenlang für die Früh-Stücke gegen die späteren gesprochen und geschrieben habe, muß ich am Ende meiner Tage wieder einräumen: es wäre - nicht nach der dramatischen, aber nach der poetischen Seite hin - ein unersetzlicher Verlust, wenn wir die stellenweis ziemlich aufgesteiften Jambenstücke nicht hätten.

An "Stine" (so heißt die Novelle) bin ich noch nicht herangegangen, weil es mich so sehr drängt, das fertig zu schreiben, was ich jetzt gerade unter der Feder habe: "Frau Commerzienräthin oder Wo sich Herz zum Herzen find't", eine humoristische Verhöhnung unserer Bourgeoisie mit ihrer Redensartlichkeit auf jedem Gebiet, besonders auf dem der Kunst und der Liebe, während sie doch nur einen Gott und ein Interesse kennen: das goldene Kalb.

Erst etwa am 10. Mai bin ich mit dieser neuen Arbeit fertig, dann corrigi- re ich gleich die schwache Stelle in Stine, was vier, fünf Tage dauert. Da nun aber Stephany möglicherweise bald fort will (ihm nach dieser Cam­pagne zu gönnen) und vielleicht vorher für Stoff - auch in seiner Abwesen­heit - gesorgt sehn möchte, so erlaube ich mir einen Zettel beizulegen, der das enthält, was ich in diesem Winter theils nur geschrieben theils fertig gemacht habe. Ueber diese Dinge kann er oder sein Stellvertreter zu jeder Zeit verfügen. Ich glaube, daß alles für die Zeitung paßt, soll heißen nach keiner Seite hin Anstoß geben kann.

In vorzüglicher Ergebenheit Th. Fontane