oder soziale Normen allgemeine Ausgrenzung und Verurteilung zur Folge hat. Demgegenüber hebt er auch Fontanes literarische Finessen hervor. So zum Beispiel das Gesprächsthema Wagner in L'Adultera, einem relativ frühen Werk. Ebenso lobt er Cécile's "Finessen", während das Hauptthema - Skandal im Kleinadel - als unbedeutend abgetan wird. Der Roman sei von Interesse als sozialhistorisches Dokument, habe aber wenig Relevanz für heutige Leser. Dagegen begegneten wir in Irrungen, Wirrungen zum ersten Mal dem "großen Fontane" ("the 'great' Fontane had arrived" 57). Der Verfasser bezeichnet Fontane als den bedeutendsten deutschen Romancier zwischen Goethe und Thomas Mann und reiht Lene neben Gretchen und Mignon als eine der großen Frauenfiguren in die deutsche Literatur ein.
Laut Zwiebel stellt Frau Jenny Treibei eine neue Station in Fontanes Schaffen dar, da Fontane sich hier der Untersuchung einer spezifischen Persönlichkeit um ihrer selbst willen zuwende, was allerdings vereinfachend anmutet. Dazu ließe es sich fragen, ob die Anwendung von Begriffen wie "authentisch" und "genuin" hier als Urteilskategorien für Charaktere dienen können, wenn unklar bleibt, ob sich diese Begriffe auf die literarische Überzeugungskraft Fontanes oder die Präsentation genuiner Charaktere beziehen. Das Ende wird als problematisch empfunden, weil nicht Jenny, sondern die Hamburger Thompson Munks die Oberhand gewinnen, während die offene Frage nach Corinnas Eheglück vernachlässigt wird. Die eingehenden Kommentare zu Mathilde Möhring und Graf Petöfy sollen dazu dienen, diese Werke aufzuwerten und hinterfragen implizit deren Status als "Stiefkinder" in der Sekundärliteratur. Die Kriminalgeschichten ernten ein negatives Gesamturteil. Unterm Birnbaum und Quitt werden aber dennoch näher betrachtet, wobei vor allem die fatalistischen und religiösen Seiten beleuchtet werden, die diese Werke mit anderen verknüpften. Der amerikanische Teil von Quitt wird scharf kritisiert. Die politischen Implikationen des Romans seien dagegen einmalig, denn hier finde man die ausgesprochenste Verurteilung des Deutschen Reichs, die im gesamten Erzählwerk Fontanes anzutreffen ist. In dem darauffolgenden Kapitel über Die Poggenpuhls und Der Stechlin wird argumentiert, daß die scheinbare Kompositionsschwäche in Die Poggenpuhls eigentlich eine adäquate Wiederspiegelung des Inhalts sei, denn "die Geschichte des marginalisierten Adels ist keine Geschichte" ("the story of the marginalized nobility is no story" 117).
Die Kommentierung der großen, viel besprochenen Romane bleibt äußerst ausgewogen, wobei Professor Zwiebels Expertise in der Sekundär- iteratur einmal mehr zum Ausdruck kommt. Ein paar Ungenauigkeiten scheinen ihm dennoch unterlaufen zu sein: so ist das- John Prince - Manu sn kript bereits erschienen (10 ) 2; Holk ist von der Tochter der Witwe Hanse und nicht von ihr selbst angetan (96); das hexenhafte Weib in Vor dem
Stazu urm heißt Hoppenmarieken und nicht "Hoppchen Marie" (104); d kommen einige Druckfehler, meist bei Namen. Die Auswahlbibliographie sm- chließt kurze Wertungen ein, denen die Rezensentin nicht immer zusti m e n kann, so zum Beispiel denen, die Pascal, Reuter und Robinson betref-
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