Heft 
(1994) 57
Seite
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Beispiele für frühe Arbeitsstufen zum jeweiligen Werk herangezogen und dem Leser vermittelt, wurden die ersten Drucke und ihre Aufnahme durch die zeitgenössische Literaturkritik beschrieben, wie es in dieser geschah. Umso mehr vermißt man in der jüngsten Auflage ein auf solche Vorzüge hinweisendes Nachwort, wie es früheren beigegeben war. Werden aber derlei Hinweise nicht um so wichtiger, je weiter man sich von den Ursprüngen entfernt? Kann man von den potentiellen Beziehern von heute und morgen ohne weiteres erwarten, daß sie vom vorzüglichen Ruf des Verlages - soweit er ihnen zu Ohren kam - auf die Qualität der verlegeri­schen Leistung schließen und sie zu würdigen wissen werden? Wieviele kennen heute noch die Traditionen des Hauses in der Französischen Straße, das nach dem zweiten Weltkrieg viele der Großen deutscher Litera­tur anzog und für die Gediegenheit ihrer Werkausgaben stand?

Als die Fontane-Blätter die Fontane-Ausgabe des Aufbau-Verlages 1970 besprachen, hob Hans-Heinrich Reuter, der Rezensent, zu Recht hervor: "... sowohl was die Textdarbietung als auch was die Beigaben betrifft, stellt die Ausgabe nicht irgendein neues Glied in der langen Kette von Fonta­ne-Editionen seit acht Jahrzehnten dar ..., sondern repräsentiert eine Qua­lität, angesichts derer alle bisherigen Ausgaben der fontaneschen Romane einer nunmehr überwundenen Stufe angehören." 2 Fünf Jahre später beton­te Walter Müller-Seidel, diese Ausgabe sei zweifellos zu der für Fontanes Romane und Erzählungen maßgeblichen Edition avanciert. "Der Kommen­tarteil mit den Dokumenten zur Wirkungsgeschichte", schrieb er, "ist inzwischen längst unersetzbar geworden für jeden, der sich wissenschaft­lich mit dem Werk Fontanes befaßt." 3

Dank seiner schönen Gestalt und seines hohen Grades editorischer Zuver­lässigkeit dürfte dieses jüngste Fontane-Erzeugnis des Aufbau-Verlages kaum weniger Interessenten finden als seine Vorläufer. Und weniger Käufer hoffentlich auch nicht: 6 Pfennige kostet die Seite, hat ein findi­ger Kopf errechnet. Sie summieren sich freilich zu stolzen 298 Mark. Wie die in ihrer Art und Vollständigkeit einzigartigen sieben Bände der "Wan­derungen durch die Mark Brandenburg" und die der unvergessenen Anita Golz zu verdankenden drei Gedichtbände, so wecken die Romane und Erzählungen schon jetzt gespannte Aufmerksamkeit auf die Brandenburgi- sche Gesamtausgabe der Werke Theodor Fontanes. Von Gotthard Erler der­zeit vorbereitet, werden die ersten von insgesamt etwa 40 Bänden ab 1994 gleichfalls bei Aufbau erscheinen.

Anmerkungen:

1 Zitiert nach Theodor Fontane, Romane und Erzählungen in acht Bänden. Hrsg, von Peter Goldammer, Gotthard Erler, Anita Golz und Jürgen Jahn. 3. Auflage. Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag 1984, Bd. 8, S. 521.

2 Fontane-Blätter, Bd. 2 (1970) H. 2, S. 120.

Walter Müller-Seidel: Theodor Fontane. Soziale Romankunst in Deutschland. - Stuttgart: Metzler 1975, S. 484.

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