ten - da als "unliterarisch" verdächtigten - Gegenständen vermehrte Aufmerksamkeit gewidmet, so dem "Tunnel über der Spree" und den Kriegsbüchern. Was das literarische Werk anbetrifft, und hier wieder vorrangig die Romane, so hat sich das Interesse der Forschung "in den letzten Jahren von zeitgeschichtlichen und gesellschaftlichen Aspekten auf die künstlerische Gestaltung verschoben" (S. XVII). Dies spiegelt sich nicht nur in den veränderten inhaltlichen, thematischen und methodischen Akzenten, die die Studien zu den epischen Werken setzen, sondern bereits in der Tatsache, daß unter der Rubrik "Epische Technik und Realismusprobleme" in den letzten zehn Jahren 17 neue Titel erschienen sind. Zwar läßt sich weder Literatur noch Literaturwissenschaft numerisch messen, doch geben solche Zahlen zumindest einen Anhaltspunkt, was die Fontane-Forscher in der letzten Dekade beschäftigte. Die Diskussion um eine historisch-kritische Fontane-Ausgabe wurde durch mehrere Beiträge zur Editionstechnik stimuliert (vgl. S. 134 ff); es erschienen 24 Beiträge mit Einzelveröffentlichungen von Briefen, ergänzt durch sieben Studien zur Briefforschung. Wer sich mit Fontanes Beziehungen zu Dichtern und anderen Persönlichkeiten beschäftigt, findet nun 102 Titelangaben verzeichnet (1983: 73). Zur Lyrik erschienen in diesen zehn Jahren 19 neue Untersuchungen, und die Kriegsbücher erleben in der Forschung nicht ihre Renaissance, sondern überhaupt erst ihre eigentliche "Naissance", denn waren 1983 gerade erst sechs Titel zu ermitteln, so sind es inzwischen 16. Bei den Studien zu den Romanen läßt sich die Bestätigung einer seit längerem zu beobachtenden Tendenz feststellen: Nicht nur die "normalen" Leser, auch die Literaturwissenschaftler hegen offensichtlich unausrottbare Vorlieben für oder Vorurteile gegen bestimmte Romane. So führt die unverwüstliche Effi Briest die Beliebtheitsstatistik mit inzwischen 103 Titeln an (ein Zuwachs von 35), und auch die Studien zu Irrungen, Wirrungen, Frau Jenny Treibel und Der Stechlin haben beachtliche Vermehrung zu verzeichnen. Anders dagegen Werke wie L'Adultera, Ellernklipp, Unterm Birnbaum oder Unwiederbringlich, denen nunmehr seit Jahrzehnten der Makel der Schwäche und Sprödigkeit oder das Etikett des "Nebenwerks" anhaftet, obgleich einige Darstellungen längst differenziertere Deutungsangebote gemacht haben; hier finden sich auch in jüngerer Zeit bemerkenswert wenige Interpreten, die sich ihrer erneut mit unvoreingenommenem Blick annehmen. Ähnliches gilt cum grano salis auch für die autobiographischen Werke, die, wie Charlotte Jol-
es bedauernd konstatieren muß, "ein Stiefkind der Forschung" bleiben (S. XVII).
Charlotte Jolles' Fontane-Band ist längst zu einem bewährten Handbuch und Nachschlagewerk geworden; er ist stets auch eine ebenso kritische wie ermunternde Bestandsaufnahme der Forschung gewesen. Ihm ist nicht nur zu wünschen, daß er wieder viele Leser findet, sondern auch, daß sich rnan ch er aufgefordert fühlen möge, die hier noch zu konstatierenden Lücken zu füllen.