Heft 
(1994) 57
Seite
131
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mit den Augen eines Bürgers des so europäisch geprägten vergangenen Jahrhunderts" (S. 11).

Die Ausstellung folgt in ihrem Aufbau der Chronologie des Lebenswe­ges Fontanes. In sieben Abschnitten werden Werk und Biographie in Bezie­hung gesetzt zur Grundidee und durch begleitende Texte zu den Expona­ten erläutert. Der Reiz liegt im Aufdecken der Verbindungen zwischen Bio­graphie und Werk bzw. Region und Welt, dem Sichtbarwerden der Kon­gruenz zwischen "Schauplätze(n) und Lebensraum der Biographie mit dem des literarischen Werkes" (S. 14). Nicht die literarische Bedeutung eines biographischen Abschnittes bestimmt den Umfang der Einführung zu einer Themengruppe, sondern die Notwendigkeit der Information für den Ausstellungsbesucher oder Leser des Katalogs in bezug auf den Bekanntheitsgrad der Epoche bzw. die Ergiebigkeit für die Grundidee.

So wird dem "Kritiker und kritische(n) Betrachter der Zeit. Ein 'Nordlands­mensch im Süden" mehr Platz eingeräumt als dem "Weg des Romanciers, Berlin, die Mark und die Welt". Dadurch tritt der kritisch die europäische Welt bereisende Theodor Fontane, der eher "Poesie und Geschichte gesucht" hat als die Natur (S. 14), in den Vordergrund. Fontane fand welt­weit Anregungen für sein vorrangig in der Mark angesiedeltes Werk. Ein Beispiel ist die Assoziation zu Rheinsberg und dem Rheinsberger See bei der Überfahrt mit Bernhard von Lepel 1858 zum Douglas-Schloß auf dem Kinroß-See. Dreißig Jahre danach teilte Fontane in einem Brief an Mathilde von Rohr mit, bei jener Überfahrt in Schottland den Entschluß zum Schrei­ben der Wanderungen durch die Mark Brandenburg gefaßt zu haben.

Die von Lepel angefertigte Bleistiftzeichnung ist im Katalog abgebildet, ebenso der dazugehörige Brieftext. Die Vielfalt des Angebotes an Expona­ten und deren weitreichende Beziehungen zu Äußerungen Fontanes in Tagebuchnotizen und Briefen oder zu Zeitgenossen ist hier nicht vollstän­dig nachvollziehbar. Sie spiegelt sich im Katalog vor allem in den sehr flüs­sig lesbaren, mehr als 250 Kommentaren wider.

Auf drei Themengruppen sei noch besonders verwiesen: Preußenkritik und Lob; Familiäres und Privates; Rezeption und Aktualität und auf Briefe Fontanes.

Hier ist zusammengefaßt, was sonst eher verstreut in Fachzeitschriften, Briefen oder Einzelveröffentlichungen zugänglich ist, versehen mit zahlrei- c hen Porträts, Autographen und Fotos. Ohne Vollständigkeit anzustreben, gelingt es dem Verfasser, mittels der Exponate und deren Kommentierung einen Einblick in die zum Teil durchaus problematische Thematik zu g e ben. So wird mit Bild und Text die Widersprüchlichkeit Fontanes in sei- ner Stellung zu Preußen verdeutlicht; Huldigungsgedichte stehen neben Dokume nte n ü ber sein ambivalentes Verhältnis zu Theodor Storm in der Preußenfrage, und es gibt Hinweise auf Kontroversen in der Forschung os de r in nichtgermanistischen Publikationen. Immer aber sind es Fontane W- orte u nd Werke, die dominieren und es dem Leser des Katalogs überlas s e n, S chlüsse zu ziehen.

Familiäre s und P rivates in einer Ausstellung zu präsentieren ist ein scallem hwieriges Unterfangen. Zwangsläufig stehen neben Bildern vor