Heft 
(1990) 49
Seite
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tionstüchtigkeit der sich verfestigenden Kriterien nicht ungeprüft walten lassen wollte. Der Gedanke, sich als Dichter in das öffentliche Bewußtsein zu bringen und auf diesem Weg soziale Anerkennung zu erringen, beherrschte ihn.In Wahr­heit ist bei ihm doch alles auf den Schriftsteller hinausgelaufen [. ..]", bemerkte H. Nürnberger schon zu dieser Lebensphase Fontanes (H. N.: Der frühe Fontane. S. 33). Der am Briefschluß erwähnte Ludwig Pietsch (1824 - 1911) wohnte seit den vierziger Jahren in Berlin und war mit Eggers und W. Lübke befreundet. Zu die­ser Zeit beabsichtigte er noch, sich als Illustrator zu etablieren, später wird er als Journalist und Schriftsteller einigen Ruhm in Preußen und im deutschen Kaiser­reich erlangen.

3.1. Theodor Fontane an Friedrich Eggers, 30. November 1860

Mein lieber Friede,

Tempelhof ist sehr in Deiner Schuld und erscheint in Sack und Asche vor Deiner Thür. Der 27t kam und Tempelhof kam nicht. Ich würde eine Entschuldigung versu­chen, von Kalender-Mangel, Nebelwetter (so daß man den Tag nicht erkennen konnte) Schwark-Stieber und allem möglichen andren sprechen, wenn nicht Storm ein für al­lemal erklärt hätte:Gedächtniß ist Liebe." Da steht man entlarvt. Wir appelliren beide an Dein gutes Herz, das uns hoffentlich mit der Ansicht entgegentreten, resp. unterstützten wird:es ist am Ende nicht so schlimm".

Diesen Gruß und herzlichste Glückwünsche nachträglich von

E. und Th. Fontane

d. 30 l November 60.

[linker Rand, quer zum Brieftext:]

was macht Gusch? Wir wünschen von Herzen gute Besserung!

[obere Ecke, rechts:]

Morgen (Sonnabend) Rütli bei mir Lafontain

Anmerkungen:

Tempelhof - Fontanes wohnten seit dem 29. September 1859 in der Tempelhofer Str. 51 (bis April 1863).

27t _ Am 27. November feierte F. Eggers seinen 41. Geburtstag.

Schwark-Stieber - Aus dem Niederdeutschen; nach Grimms Wörterbuch

1) dicke, schwarze Gewitterwolke;

2) ein Schwarm von Bienen u. ä.

Mit dem WortStieber" spielte Fontane möglicherweise auf Wil­helm Stieber (1818 -1882) an, der zwischen 1852 und 1860 Direk­tor der politischen Polizei in Preußen war.

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